Hilferuf aus dem Eppertshäuser Rathaus

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Die Gemeinde Eppertshausen fühlt sich von der Kreis- und Schulumlage zunehmend finanziell „erdrückt“. Bürgermeister Carsten Helfmann, der Erste Beigeordnete Stephan Brockmann und Ewald Gillner als Vorsitzender der Gemeindevertretung haben deshalb einen Brandbrief an den Landkreis geschickt. (Foto: jedö)

Carsten Helfmann, Stephan Brockmann und Ewald Gillner kritisieren Kreis in Brandbrief für „erdrückende“ Umlagen

Der Hilferuf stammt von Ende 2023 und wurde schriftlich im Rahmen der letzten Kreistags-Sitzung im Dezember veröffentlicht – an Aktualität hat er aber auch kurz nach dem Jahreswechsel nichts verloren: Das jahrelang gut aufgestellte Eppertshausen sorgt sich zunehmend um seine finanzielle Leistungsfähigkeit. Trotz erwarteter Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer und gewisser investiver Abstriche wird es der Gemeinde 2024 nicht mal annähernd gelingen, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Den Hauptgrund sehen Bürgermeister Carsten Helfmann, der Erste Beigeordnete Stephan Brockmann und Ewald Gillner als Vorsitzender der Gemeindevertretung (alle CDU) als Unterzeichner des Schreibens in der „ständigen Erhöhung der Kreis- und Schulumlage“ durch den Landkreis Darmstadt-Dieburg. Diese habe für die 23 Kreiskommunen im Allgemeinen und Eppertshausen im Speziellen eine „erdrückende Wirkung“.

Der jüngst eingebrachte Entwurf des Eppertshäuser Gemeindehaushalts 2024, der noch in den lokalen Ausschüssen beraten und in wenigen Wochen verabschiedet wird, kalkuliert bei Erträgen von 15,5 Millionen und Aufwendungen von 18,4 Millionen mit einem Defizit von fast drei Millionen Euro. Jeden dritten Euro überweist die Gemeinde mit dem Storch dabei an den LaDaDi: 6,1 Millionen Euro an Kreis- und Schulumlage, sofern der von der Kreisverwaltung geplante – und letztlich wohl auch von der Kreis-GroKo aus SPD und CDU mitgetragene – neue Gesamthebesatz von 58,91 Prozent angewendet wird. Das wäre der bislang höchste Hebesatz im Kreis und ist auch hessenweit ein trauriger Spitzenwert. Die Anhebung von bisher 57,15 Prozent beim Hebesatz für Kreis- und Schulumlage bedeutet für Eppertshausen konkrete Mehrausgaben von fast 200 000 Euro gegenüber dem Vorjahr.
Die Schulumlage muss der Kreis zwar kostendeckend festsetzen, hat hierbei aber natürlich vor allem über seine Schulbau-Investitionen in der Hand, wie hoch die Ausgaben – und damit die Umlage – ausfallen. Bei der Kreisumlage hat die Kreisverwaltung in Kranichstein eine gewisse Beinfreiheit; es ist aber auch die einzige nennenswerte Einnahmequelle, auf die sie selbst unmittelbaren Einfluss hat. Die drei Eppertshäuser Christdemokraten kritisieren den jüngsten Anstieg der Umlagen dennoch scharf – trotz des Fakts, dass ihre Partei daran politischen Anteil hat.

Mehr noch: Helfmann ist ehrenamtlich selbst Teil der CDU-Fraktion im Kreistag, dazu in Ann-Katrin Brockmann auch die Eppertshäuser CDU-Fraktionsvorsitzende und Tochter des Mitunterzeichners Stephan Brockmann. Wobei man dem Bürgermeister attestieren muss, dass er nicht das eine sagt und dann bei den Abstimmungen im Kreistag das andere tut: Schon beim Haushaltsbeschluss 2023 scherte er als einziger Abgeordneter der CDU-Fraktion aus und stimmte gegen den damaligen Etat.

Denn Helfmann und Co. bemängeln nicht nur den aktuellen Anstieg der Umlagen durch „ihre“ Kreis-GroKo mit der SPD. Sie verweisen auch darauf, dass Genossen und Union samt ihrer hauptamtlichen Vertreter im Landratsamt (Landrat Klaus Peter Schellhaas und Sozialdezernentin Christel Sprößler von der SPD, Schul- und Verkehrsdezernent Lutz Köhler von der CDU) seit ihrer Wahl 2021 im LaDaDi ihr Versprechen von „soliden Hebesätzen“ brechen. Seit 2021 stieg der Gesamthebesatz der beiden Umlagen um 5,45 Prozentpunkte. 2024 muss Eppertshausen ohne direkt spürbare Zusatzleistung des Kreises schon 600 000 Euro jährlich mehr berappen als 2021. Hätte die Gemeinde dies beispielsweise durch eine Anhebung der selbst vereinnahmten Grundsteuer B kompensieren wollen, hätte sie ihren Hebesatz um horrende 246 Punkte erhöhen und alle Eppertshäuser Haushalte damit spürbar stärker zur Kasse bitten müssen.

Um überhaupt einen genehmigungsfähigen Haushalt für 2024 zu erstellen, hat die Eppertshäuser Gemeindeverwaltung bereits Ausgaben für örtliche Sach- und Dienstleistungen in Höhe von mehr als 300 000 Euro vorgenommen. Das wird Kanalsanierungen ebenso betreffen wie den geplanten Neuanstrich der alten Senioren-Wohnanlage oder die Planung eines Lagers für die Vereine. Auch wenn das Minus im Gemeindesäckel Ende 2024 erfahrungsgemäß geringer ausfallen wird als derzeit vorhergesagt, dürfte man doch siebenstellig in den roten Zahlen landen. Das kann sich Eppertshausen nur durch einen Griff ins Ersparte leisten. Bei einem aktuellen Finanzmittel-Bestand von zehn Millionen Euro sind die Jahre gezählt, in denen die Kommune noch relativ schmerzfrei deutlich mehr ausgeben als einnehmen kann.

Weil die Gemeinde wegen der ihrer Ansicht nach aus den Fugen geratenen Umlagenzahlungen (nebst anderen Herausforderungen wie starken Baupreis- und Lohnsteigerungen) auch noch die für 2024 geplanten Investitionen um 340 000 Euro reduziert hat – Ausgaben, die meist nur aufgeschoben statt aufgehoben sind -, appellieren Helfmann, Brockmann und Gillner an den Kreisausschuss des LaDaDi: „Eine weitere Erhöhung von Steuerhebesätzen zur Finanzierung fremdbestimmter Ausgaben ist den Einwohnerinnen und Einwohnern und den Gewerbebetrieben kaum zu vermitteln.“ Trotz der beispielsweise vorbildlichen Entwicklung des lokalen Gewerbegebiets „Park45“ mit mittlerweile mehreren der größten Gewerbesteuer-Zahlern gelte auch für Eppertshausen: „Die Gestaltungsmöglichkeit der Gemeinde zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben wird unzumutbar eingeschränkt, wenn sie sich nur noch am finanziellen Limit bewegt.“
Wenn sich der Kreistag demnächst mit der Verabschiedung des Kreisetats 2024 samt der Hebesätze befasst, wird spannend zu sehen sein, inwiefern die eindringliche Warnung aus Eppertshausen (und ähnlich lautend mittlerweile auch weiteren Kreiskommunen) in den tatsächlichen Beschlüssen Resonanz findet.

(Text: jedö)