Auf einem Weg im Stierstädter Feld ist eine Frau mit Kinderwagen unterwegs. Hinter ihr fährt in einigem Abstand ein Landwirt mit seinem Traktor. Die Frau telefoniert mit ihrem Handy und ist so ins Gespräch vertieft, dass sie gar nicht merkt, wie der Traktor sich immer weiter nähert, sie aber nicht passieren kann. Erst das Hupen des Treckers weckt schließlich die Aufmerksamkeit der Frau, die aber nicht sofort Platz macht, schließlich müsste sie dann mit ihrem Kinderwagen auf den matschigen Grünstreifen ausweichen. Erst nach einigem Hin und Her können sich Frau, Kinderwagen und Traktor aneinander vorbeiquetschen – begleitet von ebenso unfreundlichen und genervten Kommentaren beiderseits.
Und dann bahnt sich auch schon der nächste Konfliktfall an, ein E-Bike-Fahrer hat sich der Szene von hinten genähert und setzt zum Überholen des Traktors an. Erst im letzten Moment sieht der Traktor-Fahrer den Radfahrer aus dem toten Winkel auftauchen. Nur mit Müh‘ und Not und einem beherzten Gegenlenken können beide einen Zusammenstoß vermeiden – und wieder wird es laut.
Es sind Szenen wie diese, die sich nahezu täglich auf den Feld- und Wirtschaftswegen der Region abspielen. Immer wieder kommt es im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet zu Konflikten zwischen Landwirten und Erholungssuchenden. Kein Wunder, schließlich müssen sich beide denselben Verkehrsraum teilen. Die einen gehen hier spazieren oder sind mit dem Rad unterwegs, die anderen fahren mit ihren Traktoren und schweren Maschinen zur Arbeit auf ihren Feldern.
„Ursache für diese Konflikte ist dabei gar keine Böswilligkeit, sondern meist ein Missverständnis“, sagt Erster Kreisbeigeordneter Thorsten Schorr. Zu seinem Dezernat gehört das Amt für den ländlichen Raum im Hochtaunuskreis, das auch im Main-Taunus-Kreis, Kreis Offenbach und den kreisfreien Städten Frankfurt und Offenbach tätig ist. Das Amt für den ländlichen Raum sieht sich deshalb schon seit längerem in einer Vermittlerrolle. Mit Öffentlichkeitsarbeit und Printmedien wie den „Feld und Flur“-Knigge versucht das Amt, gegenseitiges Verständnis zwischen Erholungssuchenden und Landwirten zu schaffen.
So waren die beiden eingangs geschilderten Situationen nachgestellte Szenen, die mit Drohnenkamera und Virtual-Reality-Brille (VR-Brille) gefilmt wurden. Am Steuer des Traktors saß Landwirt Timo Steinbach, zugleich ein Kollege aus dem Amt. Die Frau mit Kinderwagen und der Radfahrer waren ebenfalls eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter des Amts für den ländlichen Raum. „Wir wollen mit diesem Film, der dann später bei Veranstaltungen, zum Beispiel Hoffesten, gezeigt werden soll, einen Perspektivwechsel anbieten. Radfahrer und Spaziergänger sollen sich in die Rolle eines Landwirts hineinversetzen. Wir hoffen, dass dadurch die gegenseitige Akzeptanz gefördert wird“, erläutert Dr. Klaus Erdle vom Amt für den ländlichen Raum die Idee zu dem Filmdreh.
Damit das mit dem Hineinversetzen besser gelingt, wird ein Teil des Films mit VR-Brille gedreht. Dadurch wird der Betrachter selbst zum Traktorfahrer. „Wenn man diese mit der VR-Brille getätigten Aufnahmen sieht, versteht man erst, wie unübersichtlich der Blick aus der Traktorkabine und wie groß dieser im Vergleich zum Weg und den anderen Verkehrsteilnehmern ist. Dann überlegt man es sich zweimal, ob es nicht doch zu gefährlich ist, sich aus dem toten Winkel heraus an einem Traktor vorbeizuquetschen“, so Erdle.
Der Film zeigt aber auch, wie die beiden Parteien ganz entspannt miteinander umgehen können: Der Radfahrer fährt frühzeitig ein Stück weiter links, der Traktorfahrer weiter rechts auf den Randstreifen und beide passieren einander in langsamen Tempo. Dann bleibt sogar noch Zeit für einen kurzen, stressfreien Gruß. „Rücksicht macht die Wege breit“ ist das Motto der Aktion. Und genau darum geht es. Denn wenn Verständnis füreinander da ist, dann klappt es auch mit der Rücksicht. Schließlich haben auf den Feld- und Wirtschaftswegen haben Erholungssuchende und Traktoren die gleichen Rechte.
Erstmals wird der Film übrigens auf dem Usinger Laurentius Markt im Zelt des Amts für den ländlichen Raum im September gezeigt.
(Text: PM Hochtaunuskreis)
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