Wahre Kosten sichtbar machen

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Dr. Amelie Michalke erklärt in einem Video zur Informationskampagne aus dem Jahr 2020 einen Einblick in die HoMaBiLe-Forschung zum True Cost Accounting. (Screenshot: HoMaBiLe)

Nationale Kampagnenwoche zu „Wahren Preisen“ von Lebensmitteln gestartet

FEdA-Projekt HoMaBiLe hat in Kooperation mit FOODCoST und dem Discounter Penny eine nationale Kampagnenwoche zu „Wahren Preisen“ von Lebensmitteln gestartet. Daraus entsteht zum einen mehr Bewusstsein für den ökologischen Fußabdruck entlang von Produktionsketten, zum anderen eine europaweit richtungweisende Studie.

Neun Produkte, acht tierische aus konventioneller und biologischer Herstellung sowie ein veganes Produkt, werden eine Woche lang bundesweit in allen Penny-Märkten zu ihren „Wahren Preisen“ verkauft. Das Projekt HoMaBiLe, Teil der BMBF-Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA), hat gemeinsam mit dem EU Horizon Projekt FOODCoST die wahren Kosten dieser neun Produkte berechnet – und berücksichtigt darin versteckte Umweltfolgekosten. Diese Kosten beschreiben die sozialen und ökologischen Auswirkungen der Lebensmittelproduktion, die von der Gesellschaft refinanziert werden müssen, wie beispielsweise die Aufbereitung von Trinkwasser, das aufgrund des Einsatzes von Düngemitteln belastet ist.

Das Team um Prof. Tobias Gaugler und Dr. Amelie Michalke zeigt damit, dass die „Wahren Kosten“ bei den konventionellen, den ökologisch erzeugten und veganen Lebensmitteln in unterschiedlichen Anteilen im Verkaufspreis erfasst werden. Deutlich wird das an Schnittkäse. Das konventionelle Produkt verteuert sich um 94 Prozent, das ökologische um 69 Prozent, sobald der Verkaufspreis die nach der True Cost Accounting Methode berechneten Einflüsse der Produktion des jeweiligen Käses auf Boden, Klima, Wasser und Gesundheit beinhaltet. Der Verkaufspreis des veganen Schnitzels dagegen erhöht sich um nur 5 Prozent.

Basis für weitere Studienarbeiten

„Es geht nicht darum, die wahren Kosten unmittelbar einzuführen“, beruhigt Dr. Michalke von HoMaBiLe. „Wir erhoffen uns einen starken Impuls, damit wir Preise für Lebensmittel in einer anderen und verursachergerechteren Form diskutieren und betrachten können.“ Die Kampagne zielt darauf ab, mithilfe von True Cost Accounting die Kosten der Lebensmittelproduktion, die bislang versteckt anfallen, sichtbar zu machen. Gleichzeitig soll die Basis für weitere Studienarbeiten gewonnen werden, denn die Forschenden erhalten Kassendaten und sozio-demographische Informationen über die Kampagnenwoche, aber auch über Vergleichswochen. „Wir können damit sicher wertvolle Erkenntnisse über Kaufverhalten und Akzeptanz für das Thema gewinnen. Daraus lassen sich dann Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Akteure ableiten“, betont Prof. Gaugler.

„Das ist ein deutlicher Preissprung, der Menschen gerade angesichts der überall gestiegenen Kosten verunsichern kann“, gibt Dr. Julian Taffner, Leiter der Zentralen Koordinationsstelle der FEdA, zu bedenken. „Trotzdem ist es wichtig, dass wir hier nicht die Augen verschließen, denn die versteckten Kosten, die entlang der Lieferketten entstehen, zahlt die Gesellschaft jetzt schon. Die Kampagne zeigt transparent, dass die Produktion bestimmter Waren einen größeren Impact auf die Natur hat als andere. Langfristig wird es darum gehen, Wege zu entwickeln, nachhaltige, umweltschonende Produkte zu vergünstigen und schädlichere Produkte teurer an den Markt zu bringen – beispielsweise über die Umlenkung von bisher schädlichen Subventionen. Kurzfristig können wir als Verbraucher*innen aber nachhaltigere Entscheidungen beim Einkauf treffen, wenn die Kosten transparent sind“, erklärt Dr. Taffner weiter.

Gesellschaftlichen Diskurs über die Umweltauswirkungen landwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten anstoßen

HoMaBiLe und ihre Kooperationspartner wollen mit der so geschaffenen Transparenz einen gesellschaftlichen Diskurs über die Umweltauswirkungen landwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten anstoßen und die Bereiche in der Lebensmittelproduktion mit hohen Umweltschadenkosten identifizieren. „Wenn wir die größten Umweltschadenkosten identifiziert haben, kennen wir die größten Hebelwirkungen für die Transformation“, betont Dr. Taffner. „Die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis ist eines der Kernanliegen der FEdA, deshalb arbeiten unsere Projekte schon früh eng mit Akteuren aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zusammen.“

Die Mehreinnahmen während der Kampagne, also die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und den „Wahren Kosten“ spendet Penny an den „Zukunftsbauer“, ein Projekt, das die energieeffiziente Weiterentwicklung von Landwirtschaftsbetrieben fördert. Die aktuelle Kampagne baut auf einer Informationskampagne im Nachhaltigkeits-Erlebnismarkt „Penny Grüner Weg“ in Berlin aus dem Jahr 2020 auf. Anders als damals werden die wahren Preise der Produkte nun tatsächlich an der Kasse abgerufen.

(Text: PM BMBF-Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA))