Schluckstörungen werden zunehmen
Jeder Mensch schluckt bis zu 2000 Mal am Tag. Obwohl es bei Gesunden meist ganz automatisch funktioniert, ist das Schlucken ein hochkomplexer Vorgang, an dem mehr als 25 Muskelpaare in Hals und Rachen beteiligt sind. Eine Störung dieser Funktion kann in jedem Alter auftreten, allerdings sind bei den 30- bis 50-Jährigen nur etwa 1,6 bis 15 Prozent betroffen. Bei den Menschen über 65 Jahre sind es hingegen 13 bis 35 Prozent und bei den 75-Jährigen 45 Prozent. Diese Zahlen werden aufgrund des demografischen Wandels steigen,“ erklärt Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, „und die Relevanz des Themas wird zunehmen.“ Schluckstörungen, in der Fachsprache Dysphagie genannt, betreffen nicht nur den Patienten selbst, sondern sind auch ein Thema, mit dem sich pflegende Angehörige und Pflegepersonal beschäftigen müssen.
Schluckstörungen können unterschiedliche Ursachen haben
Neben natürlichen Alterungsprozessen wie einer nachlassenden Muskelkraft oder sensorischen Einbußen können Erkrankungen der Mundhöhle wie Krebs im Rachen und in der Speiseröhre, aber auch neurologische Leiden zu einer Dysphagie führen. In den neurologischen Bereich fallen Morbus Parkinson und Multiple Sklerose, Schlaganfälle, Hirntumore, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und Alzheimer-Demenz. Aber auch ein Reflux, bei dem Magensäure in die Speiseröhre aufsteigt, kann Schluckbeschwerden verursachen.
Leichte Schluckbeschwerden kennt jeder
Wenn bei einem grippalen Infekt der Hals- und Rachenraum entzündet ist, fällt das Schlucken schwer und danach muss man vielleicht husten oder sich räuspern und die Stimme klingt rauer als vorher. Die Beschwerden verschwinden meistens mit dem Abklingen der Erkältung.
Von einer Dysphagie spricht man erst, wenn die Beschwerden chronisch sind, also lange anhalten. Wenn man zur Entleerung des Rachens mehrmals schlucken muss, manche Speisen meidet, weil man sie als zu hart oder zu weich empfindet, oder kleinere Bissen oder Schlucke als früher zu sich nimmt, sollte man unbedingt beim Arzt die Ursache abklären lassen.
Starke Schluckstörungen haben Folgen
Bei starken Schluckstörungen verlieren die Betroffenen die Lust am Essen und Trinken. Manche Patienten ziehen sich sozial zurück, da sie gemeinsame Mahlzeiten vermeiden möchten. Die Abneigung gegen die Nahrungsaufnahme kann zu Mangelernährung und Abmagerung führen. Wer zu wenig trinkt, riskiert eine Dehydrierung. Einige Betroffene sind sich selbst nicht bewusst, dass sie zu wenig Nahrung oder Flüssigkeit aufnehmen.
Dysphagie-Patienten verschlucken sich häufiger, und viele haben auch einen gestörten Hustenreflex. So kann es passieren, dass Nahrung oder Flüssigkeit in die Luftröhre gelangen und nicht sofort abgehustet werden, sondern zu Atemnot führen. Das Eindringen von Fremdkörpern in die Luftröhre kann auch eine Bronchitis oder gar eine Lungenentzündung verursachen.
Nahrung besser schluckbar machen
Bei einer ausgeprägten Schluckstörung kann Nahrung in pürierter Form besser aufgenommen werden. Erbsenpüree ist vielleicht aus der Gourmet-Küche bekannt, aber auch andere Gemüsesorten und Fleisch können püriert werden. Da das Auge bekanntlich mitisst, sollte man die pürierte Nahrung appetitlich anrichten.
Zudem gibt es flexible Löffel, die das Schlucken unterstützen, da der Nahrungsbrei seitlich in die Mundhöhle gelangt, wenn der Löffel durch die Zunge an den Gaumen gedrückt wird. Ein schmackhafter Trick ist Zitronensaft im Essen. Er regt den Speichelfluss an und löst den Schluckreflex aus. Flüssigkeiten können angedickt und mit speziellen Dysphagie-Tassen angeboten werden. Im Handel gibt es Dysphagie-Trinknahrung in verschiedenen Geschmacksrichtungen, die durch ihre Konsistenz leicht zu schlucken ist.
Probleme beim Schlucken von Arzneimitteln
Schluckstörungen machen auch vor der Einnahme von Arzneimitteln nicht halt, aber auch hierbei gibt es Möglichkeiten, die Patienten zu unterstützen. Einige Medikamente sind nicht nur als Tabletten erhältlich, sondern auch in flüssiger Form, manchmal auch als Salbe, beziehungsweise Pflaster zur Anwendung auf der Haut. Längliche Tabletten sind in der Regel leichter zu schlucken als ovale oder gar runde. Sprechen Sie mit Ihrem Apotheker, wenn Sie eine andere Form der Tabletten bevorzugen, denn manchmal gibt es eine Alternative, die dann auch verordnet werden kann. In der Apotheke vor Ort gibt es einen gelartigen Film, der über raue oder bittere Tabletten gezogen werden kann, um sie leichter schluckbar zu machen. Wenn Tabletten nüchtern eingenommen werden müssen, kann man vorher den Mund mit Wasser, speziellen Sprays, Feuchtigkeitsgelen oder Spüllösungen anfeuchten. Darf das Medikament zum Essen eingenommen werden, machen Lebensmittel wie Bananensaft, Apfelmus, Joghurt, Marmelade, Kartoffelbrei oder Honig die Tabletten leichter schluckbar. Zu berücksichtigen sind dabei unbedingt mögliche Interaktionen zwischen Nahrung und Arzneimitteln. Milch und Milchprodukte schwächen die Wirkung vieler Antibiotika, während Grapefruitsaft den Effekt einer Vielzahl von Medikamenten beeinflussen kann. Zu diesen Wechselwirkungen berät sie das Team in der Apotheke vor Ort.
Medikamente nicht manipulieren
Die Zerkleinerung von Tabletten erscheint zwar logisch, um sie leichter schluckbar zu machen, aber nicht alle Medikamente eignen sich dafür. Manche Wirkstoffe sollen erst im Darm freigesetzt werden, daher haben sie einen magensaftresistenten Überzug. Wird dieser durch Teilung oder Zerstoßen der Tabletten zerstört, kann nicht nur die Wirkung beeinträchtigt, sondern auch die Magenschleimhaut gereizt werden. Zudem machen raue Bruchkanten die Einnahme nicht unbedingt einfacher. Manche Tabletten haben eine Kerbe zur einfachen Teilung, andere hingegen besitzen lediglich eine Schmuckkerbe. Diese Kerben sind für den Laien nicht leicht zu unterscheiden. Apotheker können Sie aufklären, wie mit einem bestimmten Arzneimittel zu verfahren ist.
Aufrechte Haltung
Patienten sollten feste Arzneimittel wie Tabletten und Kapseln möglichst bei aufrechter Körperhaltung – am besten im Stehen – einnehmen. Besonders wichtig ist dies bei sauren Wirkstoffen wie Tetracyclinen, einer Gruppe von Antibiotika. Diese können bei falscher Einnahme die Speiseröhre reizen. Nach dem Schlucken sollten Patienten sich für einige Zeit aufrecht halten und nicht hinlegen.
Es gibt viele Therapiemöglichkeiten
Abhängig vom Auslöser der Schluckstörung, sind die Therapiemöglichkeiten sehr unterschiedlich. In manchen Fällen kommen Medikamente zum Einsatz. Beispielsweise kann bei einer Kontraktionsschwäche der Speiseröhre mit einem Medikament aus der Gruppe der Prokinetika die Beweglichkeit der Speiseröhre gefördert werden. Spasmen der Speiseröhre können mit Spasmolytika gelöst werden. Falls die Schluckbeschwerden mit dem Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre zusammenhängen, helfen Mittel gegen Sodbrennen. Allerdings müssen medikamentöse Maßnahmen immer vom Arzt verordnet werden. In anderen Fällen kann eine Physiotherapie helfen. Z.B. werden zur Schluckrehabilitation bestimmte Muskeln oder Muskelgruppen wie die Wangenmuskulatur trainiert und der Lippenschluss oder das Kauen geübt. In einer funktionellen Schlucktherapie werden Bewegungen und Kopfhaltungen einstudiert. Wenn die Speiseröhre durch einen Tumor oder entzündliche Engstellen blockiert ist, kann sie unter Umständen durch eine Operation oder ein Laserverfahren befreit werden.
(Text: PM Landesapothekerkammer Hessen)
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