Im September fasste der Kreistag Darmstadt-Dieburg mehrere Beschlüsse, wie sich seine Mitglieder in der nächsten Verbandsversammlung des Zweckverbands Senio verhalten sollen. Das fast einstimmige Meinungsbild: Die Vertreter des Landkreises (im Verband nur eine Minderheit neben den Vertretern der ebenfalls finanziell und personell an Senio beteiligten Kommunen Groß-Zimmern, Münster, Eppertshausen, Reinheim, Groß-Bieberau, Fischbachtal, Otzberg und Groß-Umstadt) sollen nicht nur für die Auflösung des Verbands votieren, sondern auch für die Eingliederung der Seniorendienstleistungs gGmbH Gersprenz in die Kreiskliniken sowie für die Zusammenlegung der bisher eigenständigen Senio-Pflegeschule mit dem Bildungszentrum für Gesundheit der Kreiskliniken. In der Kreistags-Sitzung am Montag präzisierten weitere Beschlüsse den Weg, der sich aber noch eine Weile hinziehen wird.
Von der ursprünglich erhofften Auflösung des öffentlich-rechtlichen Zweckverband „zum 31.12.2022“, wie es im September noch hieß, ist inzwischen keine Rede mehr. Im neuen Beschluss vom Montag heißt es stattdessen: „Der Auflösung des Zweckverbandes Senio wird zugestimmt. Der Zeitpunkt der Auflösung ergibt sich aus dem vorgesehenen Verkauf der Immobilien im Laufe des Jahres 2023.“
Das hatte Landrat und Gesundheitsdezernent Klaus Peter Schellhaas (SPD), der den LaDaDi im Senio-Vorstand vertritt, schon bei der Kreistags-Sitzung im Spätsommer angedeutet. Im Frühjahr 2023 wird zunächst das Amt für Bodenmanagement (Heppenheim), das der Landkreis mit der Wertermittlung der Senio-Immobilien in Groß-Zimmern, Münster, Groß-Umstadt, Fischbachtal, Groß-Bieberau und Reinheim beauftragt hat, seine Ergebnisse vorlegen. Dann schließt sich ein europaweites Verfahren an, bei dem potenzielle Käufer ihr Interesse an den Häusern bekunden dürfen. Ab dem fünften Monat dieses Verfahrens wird verhandelt, im sechsten Monat über die Vergabe entschieden. Der Landkreis, der über die Strukturen seiner Kreiskliniken künftig noch direkter besonders für die Pflege von bis zu 236 Menschen in den Gersprenz-Einrichtungen (und eine zusätzliche Belegschaft von fast 300 Mitarbeitern) verantwortlich sein wird, aber eben nicht Besitzer der Häuser, will in diesem Zuge sicherstellen, dass die Immobilien auch weiterhin und für lange Zeit ihrem aktuellen Zweck dienen werden – also einem ausreichenden Pflegeangebot im Ostkreis beizutragen.
Dazu fassten die Kreistags-Mitglieder fast aller Couleur am Montag weitere Beschlüsse, bei denen nur der fraktionslose Linke Werner Bischoff komplett sowie die AfD und Roland Harth (Die PARTEI) teilweise nicht mitgingen. So gab das Kreisparlament seine Zustimmung, dass der Senio-Verband seine Altenpflegeschule in der Darmstädter Straße in Reinheim zum symbolischen Preis von einem Euro ans Bildungszentrum für Gesundheit der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg GmbH verkauft. „Für die Schule bietet sich dadurch die Möglichkeit, die Ausbildung zu verbessern und Fachkräfte zu gewinnen“, nannte Heinz Schwebel (SPD) einen potenziellen Vorteil. Finanziell entsteht dem Landkreis durch die Einbindung der Senio-Pflegeschule voraussichtlich erstmal ein Nachteil, da sie in den vergangenen Jahren immer defizitär war, das Minus stets zwischen 100 000 und 200 000 Euro lag. Das könnte rasch auch das Eigenkapital der Bildungszentrum GmbH (Ende 2021 bei 446 000 Euro) aufbrauchen und die GmbH in Insolvenzgefahr bringen. Unter anderem die Erhöhung des Eigenkapitals – letztlich durch Steuergeld aus dem Landkreis – könnte dies verhindern.
Ebenfalls für einen Euro soll der Landkreis gemäß einem weiteren Beschluss des Kreistags auch sämtliche Geschäftsanteile der Gersprenz gGmbH übernehmen. Im Finanzanlage-Vermögen von Senio ist die gGmbH mit 1,8 Millionen Euro bilanziert. Wie genau die finanziellen Auswirkungen der Verbandsauflösung für den LaDaDi sowie die an Senio beteiligten Kommunen aussehen werden, wird sich erst nach dem Verkauf der Immobilien und einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zeigen. Werner Bischoff kritisierte den „unklaren Verteilungsschlüssel“ am Montag ebenso wie Albrecht Achilles (FDP) die „komplizierten Liegenschaftsverhältnisse“.
Unter anderem in Münster, das für den Bau des Senio-Heims in seiner Kommune einst ein wertvolles Grundstück eingebracht hatte, hat man den Auflösungsbeschluss in der Gemeindevertretung wegen derlei Ungewissheiten erstmal zurückgestellt. In Eppertshausen, wo in all den Jahren der Senio-Mitgliedschaft entgegen der Hoffnung gar keine Pflegeeinrichtung entstand, wollen sie in den Verband gar nur noch bis Ende März 2023 einzahlen und (wie Otzberg) per Kündigung raus. Bis März wird die Auflösung jedoch definitiv nicht über die Bühne gegangen sein. Das scheint mittlerweile eher für den Herbst 2023 realistisch.
(Text: jedö)
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