Münsterer Karl Reiß betreibt die Facebook-Gruppe „Carl’s Country Club“

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Betreibt die Facebook-Gruppe „Carl’s Country Club“: der Münsterer Karl Reiß. (Foto: jedö)

Was fällt Ihnen ein, wenn man Sie nach deutschen Künstlern aus der Country-Musik fragt? Karl Reiß hat eine Vermutung: „Truck Stop, Tom Astor, Gunter Gabriel – dann hört es bei den meisten schon auf.“ Genau das will der Münsterer mit einer besonderen Facebook-Seite, die er gemeinsam mit Carmen Seifert moderiert, ein bisschen ändern: In „Carl’s Country Club“ hat der 66-Jährige nicht nur die Schreibweise seines Vornamens amerikanisiert, sondern huldigt vielfältig auch dem Genre aus den Staaten.

390 Mitglieder hat die Gruppe derzeit, im Schnitt zehn Beiträge pro Woche erscheinen dort. Nicht nur um die Musik selbst geht es dabei – auch um „die Prärie, Whisky, Linedance, Cowboys, Indianer, Pferde, Outlaws, Lagerfeuer und endlose Weiten“, wie es Reiß fast schon pathetisch formuliert. „Es ist natürlich noch eine Nische“, fügt er in dem Wissen an, dass die Zahl der Gruppenmitglieder noch Luft nach oben hat. Eine kleine, aber feine Plattform zum Austausch über die musikalische Kunstform und all das, was sie tangiert, hat er aber allemal auf längst stabile Beine gestellt.

Was natürlich damit zusammenhängt, dass sich Karl Reiß auch selbst für Country begeistert. Der umtriebige (Un)Ruheständler aus Münster, der seine Gruppe indes am Standort Dieburg gegründet hat und durch seine Hobby-Eventfotografie in der Gersprenzstadt mindestens ebenso bekannt ist wie in seiner Heimatgemeinde, spielt selbst Gitarre und nennt ein Dutzend Stück sein Eigen. „Die Gitarre ist natürlich die Basis der Country-Musik“, weiß er, „dazu kommen Banjo, Geige, Standbass und manchmal auch Akkordeon und Mundharmonika“.

Herrlich vereint ist derlei beispielsweise in der Münsterer Band RABAZ, die ihre Songs stilistisch dem kulturellen, nicht nur auf Musik beschränkten Sammelbegriff „Americana“ zuordnet. „In den letzten 15 Jahren hat sich Country erst zum Alternative Country und zum New Country weiterentwickelt“, erläutert Reiß. „In der Americana sind dann mehr Rock-, Pop-, Folk- und Blueselemente drin als in der ursprünglichen Form der Country-Musik.“ Im Grunde sei es zweitrangig, wie man die Ausprägungen nenne, da sie alle dieselbe Basis hätten, meint Reiß. Aber, ergänzt er augenzwinkernd: „Die Leute wollen auch in der Musik gern Schubladen – sonst könnten sie sie ja nicht ablegen.“

Persönlich hebt er das Thema mit Carl’s Country Club indes auf eine breitere Bühne. Immer in dem Gefühl, damit auch etwas von seinem eigenen Wesen preiszugeben: „Unsere Jahrgänge sind geprägt von ,Bonanza’“, lacht der Mittsechziger. „An Fastnacht habe ich mich immer als Cowboy verkleidet. Und ich bin absolut gitarren- und musikinteressiert.“ Vor nicht allzu langer Zeit wirkte Reiß als Statist im Video der Urban Folk Junkies, einer Band aus Groß-Gerau, mit. Musiker wie Dana Maria aus Dreieich und Markus Rill, einst Ringer der FSV Münster, der sogar mal längere Zeit in Nashville verbrachte, nennt er „typisch Americana“ und adelt sie als heiße Empfehlungen aus der Region. Rill sei es auch gewesen, der sein Interesse an der Country-Musik vor gut einem Jahrzehnt verstärkt habe, sagt Reiß.

Wenn er höchstselbst die Westerngitarre für eine kleine Kostprobe seines Könnens auspackt, merkt man übrigens schnell, dass der Münsterer kein musikalischer Maulheld ist. Die Facebook-Seite betreibt er in erster Linie aus Spaß, will damit aber auch noch unbekannte Country-Künstler unterstützen. „Die Seite ist dazu gedacht, Fachwissen weiterzugeben, Tipps auszutauschen, Musik zu präsentieren und auf Events hinzuweisen“, fasst er die Ausrichtung zusammen. Das ganze Spektrum eben, das Stück für Stück dazu beitragen soll, dass einem auf die am Anfang dieses Artikels gestellte Frage bald mehr Künstler einfallen als Truck Stop und Co.

(Text: jedö)