Auch in Münster gibt es Menschen, die seit Jahren arbeitslos sind. Ihnen machte die Kreisagentur für Beschäftigung 2024 ein besonderes Hilfsangebot: Im Zuge des Regionalprojekts „Ich lebe und arbeite in Münster“ trafen sich mehr als zwei Dutzend Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter der Leitung von Jobcoach Viktoria Heiß von April bis November 21-mal im Münsterer Rathaus, um in Workshops und Einzelcoachings fit für neue berufliche Ziele zu werden. Die ersten sieben von ihnen fanden bereits während dieser Phase eine Anstellung in Form eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes. Auch bei den anderen hat die intensive Unterstützung neben zusätzlichen Fähigkeiten neuen Optimismus bewirkt, wie die Teilnehmer kürzlich auf der Abschlussveranstaltung erzählten.
„Die Gründe für Langzeitarbeitslosigkeit sind vielfältig, zugleich sind Betroffene häufig mit Vorurteilen konfrontiert“, sagte Heiß. „Das kann ganz schön am Selbstwertgefühl nagen.“ Ziel des Regionalprojekts war es daher auch, die eigenen Stärken und Kompetenzen (wieder) zu entdecken sowie an der schriftlichen und persönlichen Selbstpräsentation zu feilen, um sich bestmöglich für die Jobsuche und Bewerbungsgespräche zu wappnen. In den wöchentlichen Treffen wurden zudem Kontakte, Beziehungen und Netzwerke aktiviert und genutzt, um offene Arbeitsstellen und neue Perspektiven zu finden.
In der Münsterer Gemeindeverwaltung war das Projekt dabei an die Wirtschaftsförderung angedockt, wo Heiß unter anderem eng mit Tanja Hoch zusammenarbeitete. In Münster fand das Projekt bereits zum dritten Mal statt; inzwischen läuft es im Landkreis Darmstadt-Dieburg seit 2008, hat bereits in allen 23 Kreiskommunen stattgefunden und in 65 Projektphasen 1800 Personen gecoacht. Laut Kreisagentur fanden 40 Prozent von ihnen während oder kurz nach Projektabschluss eine Arbeitsstelle. Das Projekt leistet also einen wesentlichen Beitrag dazu, die bundesweit besonders verfestigte Zahl der Langzeitarbeitslosen zu reduzieren. Dies gilt Jobcentern als eine Art Königsdisziplin, weil die (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt bei steigenden Arbeitslosigkeits-Zeiträumen immer schwieriger wird.
In Münster blieben nach mehr als 40 Erstgesprächen mit Langzeitarbeitslosen aus dem Ort 32 teilnahmewillige Arbeitssuchende übrig. Je etwa die Hälfte davon war männlich beziehungsweise weiblich, weit überwiegend mit Migrationshintergrund und trotz Sprachkursen beim Projektabschluss teils noch mit deutlich ausbaufähigen Deutschkenntnissen. Große Dankbarkeit, vor allem für das Engagement von Viktoria Heiß, war beim Projektabschluss nach 21 Sitzungen indes allen Wortbeiträgen anzumerken.
„Meine Themen waren Lebenslauf und Anerkennung“, berichtete etwa eine Russin. „In Deutschland läuft es ein bisschen anders als in Russland. Jetzt hoffe ich, den C1-Sprachkurs zu bekommen.“ Ein Mann ließ die Hilfe des Kommunalen Jobcenters bei Bewerbungen und Jobcenter Revue passieren – er wird nun Busfahrer. Eine Frau erzählte, sie habe zu Projektbeginn gedacht, sie wisse schon alles, „ich hatte in Deutschland schon viele Berufe“. Doch über „Ich lebe und arbeite in Münster“ habe sie „neue Ideen bekommen“.
Von einem Mann fiel zunächst große Last dadurch ab, dass ihm die Kreisagentur organisatorisch bei der Versorgung seiner kranken Mutter half. Fachgebiets-Leiterin Claudia Goes betonte die Bedeutung des Abbaus solcher Stressfaktoren: „Wer in einer verschimmelten Wohnung sitzt, denkt erstmal nicht an die Jobsuche.“
(Text: jedö)
- Redaktion
- Kontakt
… erschließt sich ihre Welt, indem sie viel Zeit in der Natur verbringt. Bei langen Fahrradtouren und schöne Wanderungen tankt sie Kraft. Lokale Themen sind ihre Welt. Sowohl in den Printprodukten als auch online informiert sie am liebsten über Polizeiberichte, Tiergeschichten und Umweltthemen. Absolute Lieblingsbeschäftigung in der Adventszeit: Plätzchen backen.
Mag: Tiere | Backen | Lokale Geschichten