Jüdisches Museum Frankfurt kauft die Meisterwerke „Sara führt Hagar Abraham zu“ und „Die Errettung von Hagar und Ismael in der Wüste“ von Moritz Daniel Oppenheim
Eine wunderbare Nachricht zum Jahresabschluss: Dank großzügiger Spenden und Förderungen konnte das Jüdische Museum Frankfurt die bedeutenden Gemälde „Sara führt Hagar Abraham zu“ (1832) sowie „Die Errettung von Hagar und Ismael in der Wüste“ (1826) des renommierten Künstlers Moritz Daniel Oppenheim erwerben. Die beiden Werke werden nun gemeinsam mit „Die Verstoßung der Hagar“ (1826), einer Leihgabe des Städel Museums, in der Dauerausstellung im Rothschild-Palais, am Bertha-Pappenheim-Platz 1, präsentiert.
Damit ist im Jüdischen Museum erstmalig der dreiteilige Gemälde-Zyklus zu sehen, den Oppenheim der biblischen Geschichte von Hagar widmete. Seine Darstellung konzentriert sich auf drei Wendepunkte in der Geschichte: Da die Ehe zwischen Abraham und seiner Frau Sara kinderlos zu bleiben scheint, schlägt Sara ihrem Ehemann vor, ihre Magd zur Geliebten zu nehmen, damit durch sie ein Nachkomme geboren wird. Diese Szene wird in dem jüngsten, der drei Gemälde „Sara führt Hagar Abraham zu“ wiedergegeben und hat Folgen: Abraham zeugt mit Hagar einen gemeinsamen Sohn Ismael. Als aus seiner Ehe mit Sara später selbst ein zweiter Sohn, Isaak, hervorgeht, drängt seine Ehefrau ihn dazu, seine Geliebte und den gemeinsamen Sohn Ismael fortzuschicken. Oppenheim stellt diese forcierte Trennung in „Die Verstoßung der Hagar“ dar. Sein drittes Gemälde in dem biblischen Zyklus widmet sich der „Errettung von Hagar und Ismael in der Wüste“ durch einen Engel, der die beiden zu einer Wasserquelle führt.
Die spannungsreiche biblische Geschichte über menschliche Konflikte, göttliches Eingreifen und das Überwinden von Not inspirierte über die Jahrhunderte hinweg verschiedene Künstler. Dabei wurde die Beziehung von Sara und Hagar in der christlichen Theologie und der von ihr geprägten Kunstgeschichte zumeist als Konflikt zwischen Christentum und Judentum interpretiert, in der Sara über Hagar triumphiert. In religionsgeschichtlicher Hinsicht gilt die biblische Geschichte als Ausgangspunkt der schwierigen Beziehung zwischen Judentum und Islam. Oppenheim hingegen stellt sie in seinem Gemäldezyklus als eine Familiengeschichte dar, in deren Zentrum nicht etwa die Konkurrenz, sondern vielmehr die Beziehung zwischen den beiden Frauen und ihren Kindern steht.
Mit seinem dreiteiligen Zyklus grenzt sich Oppenheim nicht nur von den herkömmlichen Interpretationen der biblischen Geschichte ab, sondern entwickelt auch eine meisterhafte Bildsprache für deren emotionale Intensität. „Sara führt Hagar Abraham zu“ zeigt die Dynamik zwischen den Figuren in einem intimen, psychologisch aufgeladenen Moment. „Die Errettung von Hagar und Ismael in der Wüste“ fängt die göttliche Gnade in einer dramatischen Szene von Verzweiflung und Hoffnung ein.
Beide Werke sind herausragende Zeugnisse des romantischen Spätklassizismus‘ und von unschätzbarem Wert für die kunsthistorische Forschung. Mit dem Ankauf dieser beiden Gemälde baut das Jüdische Museum Frankfurt nicht nur seinen Sammlungsschwerpunkt im Bereich der Bildenden Kunst im Allgemeinen und der Kunst von Moritz Daniel Oppenheim im Besonderen aus. Es unterstreicht in der erstmaligen Präsentation des Zyklus auch die kunsthistorische Perspektive seiner Dauerausstellung, die den Frankfurter Maler Oppenheim als Zeitzeugen und Protagonisten der jüdischen Emanzipationsgeschichte präsentiert.
Moritz Daniel Oppenheim
Moritz Daniel Oppenheim (1800 – 1882), der erste jüdische Maler der Neuzeit, ist eine Schlüsselfigur der jüdischen Kunstgeschichte. Geboren in Hanau, besuchte er ab 1810 als erster jüdischer Schüler die Hanauer Kurfürstliche Zeichenakademie und hielt sich anschließend länger in Italien auf. Ab 1825 lebte er in Frankfurt und machte sich einen Namen als Porträt- und Historienmaler. Neben bedeutenden jüdischen Persönlichkeiten wie Ludwig Börne oder Mitgliedern der Familie Rothschild porträtierte er auch Johann Wolfgang von Goethe. Oppenheim gilt als der erste jüdische Maler, der sich in seinem Werk mit der jüdischen Geschichte und Kultur auseinandersetzte. Seine Gemälde widmen sich beispielsweise dem Alltag in der Frankfurter Judengasse und geben jüdische Feste sowie Szenen aus der hebräischen Bibel wieder. Oppenheim erlangte mit seinen einfühlsamen Darstellungen biblischer, historischer und zeitgenössischer Szenen international Anerkennung. Indem er traditionelle jüdische Themen in der künstlerischen Formensprache seiner Zeit wiedergab, wirkte er als Brückenbauer zwischen der jüdischen Gemeinschaft und der christlichen Gesellschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Das Gemälde „Sara führt Hagar Abraham zu“ wurde mit Unterstützung der Crespo Foundation, der Kulturstiftung der Länder und der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums Frankfurt erworben. Den Ankauf des Gemäldes „Die Errettung von Hagar und Ismael in der Wüste“ ermöglichte die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums Frankfurt.
(Text: PM Stadt FRankfurt)
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