Die Stadtverordnetenversammlung hat am gestrigen Mittwoch, 18. Dezember, dem neuen lokalen Nahverkehrsplan (NVP) für die Landeshauptstadt Wiesbaden zugestimmt.
Nach insgesamt zwei Jahren Bearbeitung mit vielen Beteiligungsrunden für die Stadtbevölkerung und die politischen Gremien der Stadt ist damit nun ein Meilenstein in der Realisierung eines zeitgemäßen Busnetzes für die Stadt erreicht. Damit sind der Magistrat und die ESWE Verkehrsgesellschaft mbH nun beauftragt, die Liniennetzreform entsprechend den Festlegungen zum Basisnetz vorzubereiten und umzusetzen.
„Wir wissen seit langem, dass wir mit unserem heutigen Busnetz die Kapazitätsgrenzen erreicht haben. Mit dem neuen Nahverkehrsplan haben wir uns nun in die Lage versetzt, einerseits kurzfristige Verbesserungen zu ermöglichen und andererseits auch wieder ein Potenzial für weitere Kapazitätssteigerungen im Netz zur Verfügung zu haben. Besonders wichtig dabei war mir, dass in den neuen Nahverkehrsplan sowohl datengestützte Expertise von außen, als auch die Expertise der Wiesbadener Bevölkerung eingeflossen ist“, erklärt der Verkehrsdezernent Andreas Kowol. „Im Ergebnis bedeutet dies konkret, dass wir unser Busnetz mit dem Basisnetz über neue Tangentialverbindungen entzerrt haben, gleichzeitig neue Direktverbindungen anbieten können und damit auf sämtlichen Linien die Tür für erneute Taktverdichtungen weit geöffnet haben. Das neue Netz mit Metrobussen, Sprinterbussen, Stadtbussen und On-Demand-Verkehren bietet zudem erstmals eine verständliche Struktur, die auch Einheimischen und Gästen, die nicht so häufig Bus fahren, den Zugang zum ÖPNV erleichtern. Alles in allem machen wir mit diesem Nahverkehrsplan das Wiesbadener ÖPNV-Netz fit für das kommende Jahrzehnt.“
„Wir sind froh, dass wir unsere Expertise im Bearbeitungsprozess umfangreich einbringen konnten und das Projekt insgesamt von Dialog geprägt war. Im Dialog mit dem Dezernat und beispielsweise mit Gremien wie den Ortsbeiräten, die mit großer Mehrheit zugestimmt haben sowie unter reger Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern“, sagt Marion Hebding, Geschäftsführerin von ESWE Verkehr. „Die Umsetzung wird nun eine spannende Herausforderung, die aber den städtischen Busverkehr erheblich aufwerten wird und den Busverkehr in Wiesbaden insgesamt noch zukunftsfähiger macht.“
Im neuen Nahverkehrsplan wird grundsätzlich zwischen einem sogenannten Basisnetz und einem Zielnetz unterschieden. Beim Basisnetz ist vorgesehen, dieses nach entsprechender Vorbereitung seitens ESWE Verkehr in zwei bis drei Jahren am Stück umzusetzen. Mit Realisierung des Basisnetzes werden einerseits weitere Stadtgebiete erstmals durch den ÖPNV erschlossen, wie beispielsweise die Holzstraße, der Neroberg, das Freibad Maaraue, die Aukammallee, das Wohngebiet um die Hans-Bredow-Straße, das Museumsquartier, die Coulinstraße oder die Hammermühle. Andererseits wird auch eine Vielzahl an neuen Direktverbindungen geschaffen. Damit wird zukünftig auf vielen Alltagswegen der bisherige Umweg durch die Innenstadt nicht mehr notwendig sein. Besonders hervorzuheben sind neben einer Vielzahl an neuen Direktverbindungen zum Hauptbahnhof insbesondere die drei neuen Tangentialverbindungen: Die Linie 19 (entlang des zweiten Rings), die Linie 20 zwischen Sonnenberg und Mainz über Bierstadt, Erbenheim und Mainz-Kastel sowie die Linie 30 zwischen Nordenstadt und Mainz über Delkenheim, Hochheim und den Ortskern von Mainz-Kostheim. Zudem wird auch die Schiersteiner Brücke intensiver durch den ÖPNV genutzt, um Mainz und Wiesbaden noch besser miteinander zu verknüpfen.
Ein weiteres Kernelement des neuen Netzes ist dessen Fokus auf eine verbesserte Verständlichkeit. So wird zukünftig unterschieden zwischen 1. Metrobuslinien auf den Achsen mit der höchsten Fahrgastnachfrage, 2. Sprinterbussen (40er-Linien), die eine schnelle Verbindung zwischen Vororten und Innenstadt ermöglichen, 3. Stadtbuslinien, die für die Feinerschließung im Stadtgebiet genutzt werden und 4. ergänzenden On-Demand-Angeboten in Bereichen, die aufgrund verschiedener Rahmenumstände nicht oder nur schwer mittels klassischen Linienverkehres erschließbar sind.
Darüber hinaus wird mit dem neuen Netz ein sogenanntes Taktversprechen verknüpft, wonach Buslinien – zuzüglich Taktverstärkerbussen in den Hauptverkehrszeiten – über den ganzen Tagesverlauf weitestgehend in der gleichen Grundtaktung verkehren. Metrobuslinien jeweils alle 15 Minuten, Sprinter- und Stadtbuslinien im 30-Minuten Takt und der On-Demand-Verkehr mit einer maximalen Wartezeit von 30 Minuten. In Bereichen mit großer Nachfrage werden Taktverdichtungen mittels Überlagerungen von einzelnen Linien realisiert.
Das Zielnetz entspricht im zeitlichen Rahmen des Nahverkehrsplans dem anvisierten Endzustand der Netzentwicklung, der erst um das Jahr 2030 erreicht werden soll. Das Zielnetz beinhaltet darum auch zukünftige Siedlungs- und Infrastrukturprojekte, von denen bis zum Jahr 2030 eine Realisierung erwartet werden kann. So sind im Zielnetz beispielsweise auch die Anbindung des Haltepunktes an der Wallauer Spange, die Aartalbahn, den Sportpark Rheinhöhe, der neue BKA-Standort und das Ostfeld mitgeplant und mitgedacht. Da im Zielnetz ein 16-prozentiger Zuwachs bei den Fahrplankilometern vorgesehen ist, müssen für dessen Verwirklichung auch verschiedene weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Neben allgemeinen Finanzierungsfragen sind dies insbesondere die Realisierung eines neuen Betriebshofs, die damit verknüpfte Anschaffung von Doppelgelenkbussen sowie die Gewinnung von weiterem Fahrpersonal. Aus diesem Grund ist sind die Realisierungsschritte hin zum Zielnetz auch modular aufgebaut, womit je nach Entwicklung in der Stadt stets der entsprechende Baustein bei der Netzentwicklung zur Verfügung steht.
Grundlage für den neuen Nahverkehrsplan war zunächst eine umfangreiche Bestandsanalyse. Darauf aufbauend wurde eine tiefgreifende Mobilitätssimulation auf Grundlage verschiedener soziostruktureller und sozialräumlicher Daten erstellt und mehrfache Beteiligungsrunden mit der Stadtbevölkerung, den Ortsbeiräten, der Verwaltung und angrenzenden Gebietskörperschaften durchgeführt, womit eine Vielzahl von verschiedenen Aspekten bei der Erstellung des neuen Netzplans berücksichtigt werden konnte.
Die Erstellung des vierten lokalen Nahverkehrsplans der Landeshauptstadt Wiesbaden erfolgte als Auftrag durch die beiden Planungsbüros ioki GmbH (Frankfurt am Main) und Planersocietät (Dortmund) und durch einen projektbegleitenden Arbeitskreis aus Vertreterinnen und Vertretern des Dezernats für Bauen und Verkehr, der ESWE Verkehrsgesellschaft mbH sowie der Rheingau-Taunus-Verkehrsgesellschaft mbH.
Die Festlegungen des NVP werden von ESWE Verkehr durch nachfolgende Planungsschritte präzisiert, um detaillierte Aussagen zur operativen Umsetzung zu machen.
Neben den konkreten Planungen wird die Bausteine des Nahverkehrsplan durch Eswe Verkehr umfassend kommunikativ vorbereitet und begleitet. Hierfür sollte ein Konzept erstellt werden, das in unterschiedlichsten Formaten die Wiesbadener Bevölkerung über die anstehenden Veränderungen intensiv informiert. Insgesamt ist eine breite Information und Kommunikation auch im weiteren Prozess des neuen Nahverkehrsplans vorgesehen.
(Text: PM Landeshauptstadt Wiesbaden)
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