ZDF-Moderator Mitri Sirin spricht in der Münsterer Kulturhalle auch über die eigene Vita

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Referierte vor 600 Sparkassen-Kunden in der Münsterer Kulturhalle über Migration, Integration und Bildung: ZDF-Moderator Mitri Sirin. (Foto: jedö)

„Integration und Bildung stärker zusammenbringen“

Migration, Integration, Bildung: Da hatte sich Mitri Sirin für seinen Vortrag in der Münsterer Kulturhalle wahrlich komplexe Themen vorgenommen! So sollte es dann auch kommen, dass der 53-jährige ZDF-Moderator („Morgenmagazin“, auch Sprecher der „heute“-Nachrichten) sie eher oberflächlich streifte, in 70 Minuten Redezeit schlicht nur oberflächlich streifen konnte. Noch dazu, weil er den 600 Zuhörern im Saal – alle Kunden der Sparkasse Dieburg und der Einladung der öffentlich-rechtlichen Bank zum Auftritt des Journalisten aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gefolgt – im Anschluss ebenfalls Raum für Fragen und Gedanken geben wollte. Trotzdem bemühte sich Sirin redlich, nicht nur bekannte Zustände zu beschreiben, sondern auch Vorschläge für eine bessere Integration von Menschen „nichtdeutscher Herkunft“ zu machen.

Die Abkürzung „ndH“ stand in der Schule auch hinter Sirins Namen. Seine Eltern kamen Ende der 60er nach Deutschland, um in der Textilindustrie zu arbeiten; seine Schwester und er wurden bereits im westfälischen Rheine geboren. Sirin ist türkisch-syrischer Abstammung und christlich-orthodox – schwierig in der muslimisch geprägten Region im Südosten der Türkei, aus der seine Familie stammt und aus der bis heute Angehörige im Epizentrum des schweren Erdbebens vom Februar 2023 leben.

Er sei sich seit seiner Kindheit „immer bewusst gewesen, dass ich anders war“, berichtete Sirin in Münster. Im Kindergarten und zur Einschulung sei er das einzige Kind mit Migrationshintergrund gewesen, obwohl die (damals noch kleinere, weil geteilte) Bundesrepublik gerade in den 60ern 14 Millionen Gastarbeiter anwarb. „Elf Millionen von ihnen sind übrigens wieder zurückgegangen“, rief Sirin in Erinnerung.

Im Kontrast dazu steht, dass heute jedes zweite neu eingeschulte Kind in Deutschland nichtdeutscher Herkunft ist. Schon jetzt macht dieser Teil 27 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, absolut 22 Millionen Menschen. Zahlen übrigens, die noch aus 2021 stammen, die die hier untergekommenen ukrainischen Kriegsflüchtlinge sowie mehrere hunderttausend weitere Zuwanderer also noch gar nicht beinhalten. Es bedeute „mehr Stress, wenn mehr Menschen kommen, wenn mehr Leute am Tisch sitzen, die mitreden und etwas vom Kuchen abhaben wollen“, sagte Sirin. Seit 2015 sehe er durch die Zunahme der Flüchtlingszahlen eine Spaltung des Landes, nehme neben Rechtsextremismus und Populismus auch religiösen Fundamentalismus verstärkt wahr.

Der Journalist und Fernsehmoderator, der früher auch fürs Radio arbeitete und heute mit Frau und drei Kinder in Berlin lebt, verfiel jedoch weder ins Beklagen noch ins Schwärmen. Neben der wirtschaftlichen Notwendigkeit von qualifizierter Zuwanderung und rechtlicher Gebundenheit in Asylfrage widmete er sich gegen Ende vor allem Möglichkeiten, Migranten besser zu integrieren – und schlug dabei den Bogen zur Bildung: „Wir müssen Integration und Bildung stärker zusammenbringen“, forderte er. Dazu müssten die frühkindliche und später die berufliche Bildung ebenso ausgeweitet werden wie die Ganztagsbetreuung in den Schulen. Auch für eine Bildungsfinanzierung, die auf einem Sozialindex basiert – also in Schulen mit schwierigeren sozialen Verhältnissen mehr Geld steckt -, plädierte er. Der Erwerb der deutschen Sprache zum möglichst frühen Zeitpunkt sei ein zentraler Schlüssel. Überdies müsse sich die Ausbildung der Lehrer wandeln.

Last, but not least, nannte Mitri Sirin den Sport als wichtigen Integrationsmotor. Hier schwenkte er in der eigenen Vita in eine Kindheit zurück, in der er vor allem „immer nur Fußball spielen“ wollte. Werte wie Respekt und das Verkraften von Niederlagen habe er zuvorderst beim Kicken im Verein gelernt.

(Text: jedö)