Die geplante Flurbereinigung am Richer Bach könnte das Aus für lange gewachsene Biotope bedeuten
Die geplante Flurbereinigung am Richer Bach könnte das Aus für mehrere Altheimer Streuobstwiesen bedeuten. Nach den Vorgaben der Wasserrahmen-Richtlinie der Europäischen Union sollen am Flüsschen, das zwischen Richen und dem Münsterer Ortsteil gen Harpertshausen fließt, die unberührten Uferrand-Streifen auf beiden Seiten von fünf auf zehn Meter erweitert werden. In diesem Kontext will das Amt für Bodenmanagement (Heppenheim) die Besitzverhältnisse neu ordnen und mehr als 100 verschiedene Eigentümer dazu bewegen, ihre Flächen am Bach gegen andernorts gelegene der jeweiligen Kommune zu tauschen. Die gut gemeinte Maßnahme würde am Bach aber auch ökologische Nachteile schaffen.
Verdeutlicht hat das Anzeigenblatt Münster dies vor wenigen Wochen bereits am Beispiel einer Permakultur mit Obst, Gemüse und Kräutern, die mehrere Münsterer und Altheimer seit rund drei Jahren auf der Nordseite des Richer Bachs betreiben. Die Permakultur liegt in jener Zone, die von der Verbreiterung des Ufers dahingehend betroffen wäre, dass sie gegen eine abseits gelegen Fläche der Gemeinde Münster getauscht werden soll und das Kleinod nicht mehr bewirtschaftet werden dürfte.
„Das ist Natur pur!“
Gleiches droht mit Blick auf ihre Streuobstwiesen auch den Familien Lehr und Timm/Pieschl. Werner Lehr kümmert sich seit 40 Jahren um seine Wiese am Richer Bach. „Das ist Natur pur!“, stellt er heraus, der auf seiner 2000 Quadratmeter großen Fläche auch drei Bienenvölker angesiedelt hat. In die Hege seines Grundstücks sind auch die nachfolgenden Generationen der Familie einbezogen. Sohn Christian Lehr und Enkelin Marie machen sich seit Beginn des Flurbereinigungs-Verfahrens ebenfalls Gedanken, wie es mit ihrem Vogel- und Insektenparadies weitergeht.
Fast 40 Bäume zählt die Wiese der Lehrs, darunter 18 Hochstämme mit vielen Nistkästen (die vor allem Meisen besiedeln) und 21 Bindelbäumen. Unter anderem Äpfel, Birnen, Kirschen und Zwetschgen wachsen auf dem Grundstück. „Ich bin dreimal die Woche hier, pflege es und sehe nach dem Rechten“, sagt Werner Lehr. „Das ist mein Lebenswerk!“ Dem Amt für Bodenmanagement sei jedoch offenbar „egal, was hier wächst“.
Auch Hans Timm und Susanne Pieschl, die auf ihrer 3000 Quadratmeter großen Wiese seit sieben Jahren 20 Apfelbäume alter Sorten kultivieren, würden sich in Sachen Schutz der Bachufer eine „Misch- statt Pauschallösung“ wünschen. Soll heißen: Wo eine Verbreiterung des Ufers sinnvoll und unproblematisch ist, kann sie stattfinden; wo damit aber das Ende wertvoller Naturschutz- und Nachhaltigkeits-Projekte einhergeht, sollten Ausnahmen von der Regel gestattet werden.
Kritik am generell falschen Ansatz
Von den Behörden und der Münsterer Kommunalpolitik fühlen sich Lehr, Pieschl und Timm in ihrem Anliegen, die Streuobstwiesen zu erhalten, indes kaum gehört. Einzig der Münsterer CDU-Gemeindevertreter Günther Huther habe sich bislang ein persönliches Bild gemacht. Karlheinz Hübner, der am Gewässer einen Hektar Ackerland an einen Landwirt verpachtet hat und beim Ortstermin ebenfalls zugegen ist, kritisiert einen generell falschen Ansatz: „Der Richer Bach müsste vor allem mal sauber gemacht werden, doch seit mehreren Jahren passiert hier gar nichts.“ Der Bach vermülle und versande.
Nachdem die Besitzer der Obstwiesen gegen die Anordnung des Amts für Bodenmanagement Widerspruch eingelegt haben, steht nun eine Abhilfeverhandlung mit der Behörde an. Der Gang vors Verwaltungsgericht böte danach eine weitere Möglichkeit, die angestrebte Aufgabe der Flurstücke zu verhindern. Dass die Bäume nach einem Grundstücks-Tausch mit der Gemeinde so weitergepflegt würden wie bisher durch sie selbst, bezweifeln die Streuobstwiesen-Besitzer. Andernorts wieder von Null beginnen, ist für sie keine Option.
(Text: jedö)
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