Ein Blick zurück: Die bewegenden Tagebücher des Karl Hoschs über das Leben im frühen 20. Jahrhundert

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Familiengeschichten und Tagebücher von Karl Hosch
Familiengeschichten und Tagebücher von Karl Hosch

In eine fesselnde Reise durch die Vergangenheit entführt uns die Neuerscheinung “Familiengeschichten und Tagebücher von Karl Hosch (1886 – 1952), Michelstadt”, in das Leben Anfang des letzten Jahrhunderts. Durch die Herausgabe der Erinnerungen seines Großvaters Karl Hosch gewährt Helmut Geist uns einen einzigartigen Einblick in eine vergangene Ära, die uns doch für Heute so viel lehren kann.

„So schanzten wir mühselig fort bis nächsten Morgen den 12/9. früh 3 Uhr. Müde und naßgeregnet legten wir uns in den Graben, um etwas auszuruhen. Auf einmal setzte unsere Artillerie, so um 4 Uhr, ihr Feuer ein, das war ein Zischen und Brummen, das dauerte bis 6 Uhr ungefähr, da setzte die franz. Artillerie ein und beschickte uns mit Liebesgaben, die uns natürlich sehr unwillkommen waren und auch ziemlich genau einschlugen. … Ich lief was ich konnte, um den vorliegenden Hang zu erreichen, beiderseits schlugen Granaten ein, glücklicherweise meist Blindgänger, ich sah aber auch manchen lieben Kamerad neben mir sinken. Als ich so dahin lief, hängte sich mein Tornister aus, und um mich nicht lange aufzuhalten, ließ ich ihn fallen und lief vor bis in die vorderste Linie, wo ich dann auch sicherer war als hinten, denn die Franzosen hatten es scheinst auf die Reserven abgesehen. Vorne angekommen, erfuhr ich von Georg Bergold, daß Karl Emmrich (Erbe der Gerberei Arzt), während er ihn verbinden wollte, gefallen sei, infolge Kopfschuß.“ (Zitate aus den Kriegstagebüchern)

Anfang des 20. Jahrhunderts schrieb Karl Hosch Tagebücher von seiner Jugend, seiner Ausbildung zum Bäcker und seinen Gesellenjahren auf Wanderschaft, sowie den Schicksalsschlägen seiner Familie und seiner Zeit als Soldat. Der 1. Weltkrieg führte ihn nach Belgien und Frankreich, in den russischen Winter und nach Galizien. In tief bewegenden Schilderungen nimmt er uns mit in die Schützengräben, an das Maschinengewehr und in Kriegslazarette. Den Kriegsbeschreibungen des einfachen Soldaten folgt die Beschreibung der schwierigen Nachkriegszeit im Odenwald mit ihren Umbrüchen bis hin zum Bau der Zeppelinhäuser in Michelstadt.

Diese Aufzeichnungen eines Zeitzeugen verdanken wir einem kostbaren Fund: Geist hat die sieben Bände voller Lebenserinnerungen vor der drohenden “Entrümpelung” gerettet und aufwendig seitengetreu abgeschrieben. Mit Hingabe macht er diese Aufzeichnungen für die Nachwelt zugänglich. Er beherrscht noch die alte “deutsche” Schrift und hat für seinen Bruder und seine Familie die Tagebücher buchstabengetreu abgeschrieben. Diese mühevolle Arbeit wurde im Herbst 1985 durchgeführt.

Den ersten Band, eine rückblickende Familienchronik aus dem Jahr 1930, bildet den Auftakt zu einem faszinierenden Einblick in das Leben im frühen 20. Jahrhundert. Die folgenden Bände tauchen tief in die Kriegserlebnisse während des Ersten Weltkriegs ein, von 1914 bis 1918. Hierbei gibt Karl Hosch nicht nur Einblicke in die historischen Ereignisse, sondern auch in das alltägliche Leben und die Herausforderungen, mit denen die Soldaten und die Menschen in der Heimat konfrontiert waren.

Detailliert schreibt er über das Leben im Schützengraben, über Kämpfe, über die tägliche Nahrungsbesorgung. Immer wieder kam es zu besonderen Begegnungen mit den Menschen in den besetzten Gebieten. Die Quartiere waren mal bescheiden, mal gut ausgestattet, mal voller Ungeziefer. Hosch überlebte diesen ersten Weltkrieg, wurde aber auch verwundet und erkrankte schwer. Er nimmt den Leser mit in die Lazarette und auch in die Ausbildungskasernen. So absolvierte er den Kraftwagen-Führerschein und auch die Ausbildung am Maschinengewehr.

Die Chronik von Karl Hosch bietet nicht nur einen Einblick in die Vergangenheit, sondern eine Zeitkapsel, die uns dazu einlädt, das Leben und die Erfahrungen unserer Vorfahren zu erkunden. Helmut Geist, als Hüter dieser kostbaren Aufzeichnungen, trägt die Verantwortung, sicherzustellen, dass sie mit Respekt und Würde behandelt werden.

Helmut Geist aus Michelstadt gibt dieses kostbare Erbe weiter und ermöglicht es uns, die Vergangenheit durch die Augen seines Großvaters Karl Hosch zu sehen. Es ist eine Reise, die uns inspiriert, zu reflektieren, zu lernen und die Geschichten unserer Vorfahren zu schätzen.

Es ist ein Buch für Geschichtsliebhaber, Familienforscher und alle, die daran interessiert sind, die Vergangenheit zu verstehen und aus ihr zu lernen.

Das 328 Seiten dicke Hardcoverbuch mit Fadenheftung  ist ab sofort im Buchhandel oder beim Verlag erhältlich shop.odw-verlag.de

Familiengeschichten und Tagebücher von Karl Hosch (1886 – 1952), Michelstadt,
ISBN: 978-3-946295-85-3, 25,90 €

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