Darmstadt: Haushaltsberatungen verschoben

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Darmstadts Innenstadt (Foto: Nikolaus Heiss)

Stadtkämmerer André Schellenberg: „Grund sind große Prognoseunsicherheiten – nicht zuletzt durch das vom Bund geplante Wachstumschancengesetz, das hohe Steuerausfälle bringen könnte“

Die ursprünglich für den 11. Oktober 2023 im Magistrat vorgesehenen Beratungen zum Haushalt 2024 werden auf den Beginn des kommenden Jahres verschoben. Gleiches gilt für die Haushaltsberatungen in der Stadtverordnetenversammlung der Wissenschaftsstadt Darmstadt. Dies hat jetzt Stadtkämmerer André Schellenberg bekanntgegeben. „Der Grund dafür sind vor allem erhebliche Prognoseunsicherheiten, die weit über das übliche Maß hinausgehen, und ein sich abzeichnendes Haushaltsdefizit, das die Genehmigung des nächsten Haushaltsplans durch die Kommunalaufsicht in Frage stellt“, erklärte Schellenberg.

Die Aufstellung der Haushaltspläne durch die Kommunen sei stets von Prognoseunsicherheiten gekennzeichnet, so der Stadtkämmerer. „Wie in den Vorjahren wissen wir derzeit nicht, mit welchen Steuererträgen wir im kommenden Jahr genau rechnen können. Auch die wichtigen Schlüsselzuweisungen im kommunalen Finanzausgleich können momentan nur sehr grob abgeschätzt werden. Die Prognoseunsicherheiten, die von den Stadtverordneten bei den Haushaltsberatungen immer wieder kritisiert worden sind, haben in den vergangenen Jahren auf Grund vieler Sonderfaktoren stetig zugenommen, so beispielsweise die Coronakrise oder die Unterbringung und Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen.“

Völlig neu und schwerwiegender ist laut Schellenberg allerdings in diesem Jahr das von Bundesfinanzminister Christian Lindner angekündigte sogenannte Wachstumschancengesetz, das erhebliche Einnahmeverluste bei den Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen mit sich bringen könnte. Dies mache verlässliche Prognosen bei der wichtigsten Steuerart der Kommunen und seriöse Haushaltsberatungen derzeit unmöglich. „Auf jeden Fall müssen wir das weitere Gesetzgebungsverfahren abwarten und mit unseren großen Gewerbesteuerzahlern in Darmstadt das persönliche Gespräch suchen“, betonte Schellenberg.

Mit spürbaren Einbrüchen bei den Gewerbesteuereinnahmen zu rechnen

Mit dem Wachstumschancengesetz, das Impulse zu mehr Wirtschaftswachstum setzen soll, werden Unternehmen Steuererleichterungen gewährt. Diese betreffen auch die Gewerbesteuern. Die im Gewerbesteuerrecht enthaltene sogenannte Mindestgewinnbesteuerung soll für vier Jahre erheblich modifiziert werden, um Unternehmen mit Verlustvorträgen steuerliche Erleichterungen zu gewähren. „Im Ergebnis ist daher in den kommenden Jahren mit spürbaren Einbrüchen bei den Gewerbesteuereinnahmen zu rechnen, wobei die deutschen Kommunen je nach angesiedelten Unternehmen unterschiedlich betroffen sein werden“, so der Kämmerer.

Die kommunalen Spitzenverbände, so der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund, haben darauf hingewiesen, dass die Kommunen die Hauptlast der angestrebten Steuererleichterung tragen werden. Ersten Schätzungen des Deutschen Städtetags zu Folge wird das Wachstumschancengesetz zu Steuerausfällen der Kommunen in Höhe von fast 2 Milliarden Euro führen. „Es ist daher kaum verwunderlich, dass der Deutsche Städtetag diesen Punkt des Wachstumschancengesetzes parteiübergreifend kritisiert. Das Thema ist derart gravierend, dass der Finanzausschuss des Deutschen Städtetags in der kommenden Woche eine Sondersitzung einberufen hat“, erläuterte Schellenberg.

Ferner zeichnet sich ab, dass das Defizit im Haushaltsplan der Wissenschaftsstadt Darmstadt von derzeit 25,6 Millionen Euro im kommenden Jahr deutlich steigen wird. „Alleine die Personalaufwendungen werden im nächsten Jahr um 25 Millionen Euro ansteigen, wobei nicht die Neuschaffung von Stellen im Haushalt 2024, sondern die hohen Tarifabschlüsse und tarifliche Höhergruppierungen Treiber des Anstiegs und damit von den Kommunen nicht zu beeinflussen sind“, wie Schellenberg erklärte. „Bei gleichzeitig nur geringfügig ansteigenden Erträgen geht die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben leider auseinander. Daher werden hier noch weitere Konsolidierungsanstrengungen und politische Abstimmungen erforderlich, um einen genehmigungsfähigen Haushalt verabschieden zu können. Von Entscheidung wird sein, dass wir uns zu Beginn des kommenden Jahres zügig mit der Kommunalaufsicht abstimmen, um – wie in den vielen Vorjahren auch – den Vereinen und Zuwendungsempfängern eine verlässliche Planungsgrundlage bieten können “, so Schellenberg abschließend.

(Text: PM Wissenschaftsstadt Darmstadt)