Zum 200. Weihetag der Kirche wurde am vergangenen Sonntag in St. Gallus von Bischof Peter Kohlgraf ein Pontifikalamt gefeiert. Pfarrer Klaus Gaebler, dessen Ferienvertretung Dr. Jude Njoku und Diakon Eberhard Utz konnten weitere Pfarrerkollegen beim Gottesdienst begrüßen. Darunter mit Dieter Bockholt, der von 1983 bis 1996 Pfarrer in St. Gallus war, einer von Klaus Gaeblers Vorgängern.
„Der Heilige Gallus ist kein schlechter Patron: Ein Mann, der seine Heimat hinter sich gelassen hat und in eine fremde Welt gezogen ist, um das Evangelium zu verkünden und den Glauben zu leben“, erinnerte der Bischof an den Wandermönch und Missionar, der der Urberacher Kirche seinen Namen gab. „Kirchenbauten waren und sind – hoffentlich – den Menschen wichtig“, sagte Peter Kohlgraf in seiner Predigt. Sie würden in den Dörfern und Städten oft die sichtbare Mitte bilden und durch ihre Glocken, die Menschen zusammenruft, auch hörbar sein. Wenn es die Kirchen nicht mehr geben würde, ginge laut Kohlgraf nicht nur die bauliche Mitte, sondern auch der für Menschen entscheidende Blick zum Himmel verloren.
Die hohen Kirchenaustrittszahlen hätten nicht nur für die Kirchen, sondern auch für die Gesellschaft Folgen. „Wollen wir wirklich, dass die Kirche dem Auftrag nicht mehr gerecht werden kann, an den Himmel zu erinnern““, fragte Kohlgraf. Auch in der St. Gallus-Kirche hätten in den vergangenen 200 Jahren unzählige Menschen gebetet, ihr Herz ausgeschüttet, ihre Kinder taufen lassen, sind zur Erstkommunion gegangen oder haben getrauert. „Ich will nicht, dass das verloren geht und hoffe, dass wir gemeinsam auf diesem Weg sind.“
Die Kirche sei etwa nach dem Zweiten Weltkrieg ein wichtiger Stabilitätsfaktor gewesen. Auch wenn die Mitgliederzahlen bereits seit den 60er Jahren sinken, stehe die Kirche heute auch für eine „Gesamtkrise der Institutionen in unserem Land“, meinte Kohlgraf auch mit Blick auf die Parteienlandschaft. „Wenn ich höre, dass nur noch 20 Prozent der Menschen in Deutschland dem demokratischen System vertrauen, dann ist das schon ein massives Alarmsignal. Die Kirche ist Teil einer solchen Gesamtkrise der Gesellschaft.“ Zunehmend würden gemeinsame Wertvorstellungen nicht mehr geteilt. Die Kirche habe auch da einen wichtigen Auftrag, die Menschen zusammenzuführen.
Der Kirchenchor Cäcilia Ober-Roden war mit einem erweiterten Projektchor unter der Leitung von Wolfgang Tüncher für die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes zuständig. Glückwünsche für den Kirchengeburtstag gab es unter anderem auch von Pfarrer Oliver Mattes für die Petrusgemeinde und von Landrat Oliver Quilling. Der Bischof blieb auch nach dem Gottesdienst noch etwas im Urberach. Von den Kerbborschen und Kerbmeedschen eingeladen, machte er beim Nagelwettbewerb mit. Seine Niederlage beglich der Geistliche, in dem er eine Runde ausgab. Zuvor hatte sich übrigens nicht nur der Bischof ins Goldene Buch der Stadt eingetragen. Bürgermeister Jörg Rotter lud gleich alle Gottesdienstbesucher dazu ein.
(Text: PS)
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