Das Interesse am Stadtgespräch zur Kommunalen Integrations- und Vielfaltsstrategie (KIV) für Obertshausen war groß. Das Thema trifft die Zeit. Auch einige Jugendliche, die sonst das städtische Jugendzentrum besuchen, sind gekommen, um an dem wichtigen Thema mitzuarbeiten. Sie engagieren sich bereits unter der Leitung von Paul-Friedrich Popien und Susanne Francis in einem Mehrgenerationenprojekt gemeinsam mit der Seniorenhilfe und dem Haus Jona.
Geduldig warten alle Teilnehmenden in einer Schlange, um sich in die Anwesenheitsliste zur Veranstaltung einzutragen. Jeder bekommt ein Namensschild und dann zwei Stecknadeln, die im Obertshausen-Stadtplan verortet werden sollen: Wo wohne ich? Wo arbeite ich? Und die Wartezeit wird verkürzt – aus dem Saal des Bürgerhauses klingen die feinen Gitarrenklänge von Rainer Michel. Der Filmkomponist und Gitarrist mit Wurzeln in Obertshausen sorgt für einen wahren Musikgenuss, bevor es beim Stadtgespräch an Austausch und Arbeit geht.
Beeindruckt vom jetzigen Interesse
An diesem Abend dreht sich alles um Integration, Vielfalt, Respekt und Teilhabe. „Wenn wir früher zum Thema ,Integration‘ eingeladen haben, dann kamen nicht so viele Menschen – vielleicht zehn bis 15“, sagt Erster Stadtrat Michael Möser und erinnert sich zurück. Er ist beeindruckt von dem jetzigen Interesse. Das nimmt auch Selver Erol, Leiterin des Integrationsbüros des Kreises Offenbach, wahr. Heike Würfel, Vertreterin vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, überbringt zum einen Grüße von Staatsminister Kai Klose und berichtet zum anderen über das Projekt KIV. Vielfalt präge die Städte und bedürfe die Bereitschaft aller. So könne man auch durch eine entsprechende Strategie Hass, Hetze und Rassismus entgegenwirken. Es sei wichtig, die lokalen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass jeder am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann.
Wie das in Obertshausen gelingen kann, darüber tauschen sich die Anwesenden im Saal des Bürgerhauses aus. Moderatorin Vanessa Schlevogt, die Projektleiterin Susanne Francis vom städtischen Fachdienst Soziale Leistungen im Prozess unterstützt, zeigt auch die Vielfalt im Raum auf. Die Teilnehmenden sind im Alter von 13 bis 79 Jahren, sind unterschiedlichen Geschlechts, kommen aus unterschiedlichen Ländern und haben unterschiedliche Berufe. Aber: Alle haben einen Bezug zu Obertshausen und die Stadt liegt ihnen am Herzen. Da spielen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Religion, Herkunft oder Bildung keine Rolle. Trotz unterschiedlicher Ausgangssituationen wollen alle gemeinsam am Leben in Obertshausen teilhaben. „Weg von der Schublade!“ – fordert Vanessa Schlevogt auf.
Beim Stadtgespräch sind alle gefragt
Seit knapp einem Jahr setzt sich eine städtische Steuerungsgruppe um Bürgermeister Manuel Friedrich und Erstem Stadtrat Michael Möser intensiv mit den Themen „Vielfalt“ und „Integration“ auseinander. Ziel ist ein Konzept für eine Kommunale Integrations- und Vielfaltsstrategie für Obertshausen. Unter dem Titel „Obertshausen – Wohnen, Leben, Teilhaben. Zu Hause in Vielfalt.“ begleiten Verantwortliche des Fachdienstes Soziale Leistungen, der unter der Leitung von Sebastian Leinweber steht, den Entstehungsprozess. In verschiedenen Workshops wurden bereits soziale Akteure, Vertreterinnen und Vertreter von Vereinen, Bildungsträgern, ehrenamtliche Initiativen und Selbstorganisationen, Religionsgemeinschaften und aus der Verwaltung miteinbezogen. Beim Stadtgespräch sind alle gefragt. Und so setzte sich der Prozess auf dem Weg zu einem Konzept an diesem Abend erfolgreich fort.
„Wir wollen nicht den Papiertiger schaffen, sondern dieses Konzept dann hier in Obertshausen auch leben“, sagt Sebastian Leinweber und ist bei der Anzahl der Menschen im Bürgerhaus optimistisch, dass dies auch gelingt.
Im Zuge der Workshop-Methode „World-Cafè“ treffen sich die Teilnehmenden in unterschiedlichen Zusammensetzungen an unterschiedlichen Tischen. „Gastgeber“ leiten die Gesprächsrunden. Gedanken und Ideen zu den Themen „Werte“, „Orte der Begegnung“, „Kommunikation und Vernetzung“, „Zusammenleben gestalten“ und „Soziales Engagement“ werden dann einfach auf der „Tischdecke“ vermerkt. Von Runde zu Runde wachsen so Wünsche und Ansätze für das Konzept.
Als „Gastgeber“ an den Tischen betätigten sich an diesem Abend Nicole Luque und Chris Kreuchauff vom Familienverein Tausendfüßler, Beatrix Duttine Eberhardt und Björn Tute vom Deutschen Roten Kreuz, Selver Erol und René Lülsdorf vom Integrationsbüro des Kreises Offenbach, Omidahbanu Islamowal von den Maltesern, Ursula Klinzing aus dem Bereich des Ehrenamts sowie Susanne Francis und Paul-Friedrich Popien von der Stadtverwaltung. Im Plenum berichten sie dann von den Gesprächen. So zeigte sich beispielsweise, dass es Orte der Begegnung in Obertshausen durchaus gibt. Obertshausen soll Heimat sein – so ein großer Wunsch. Eine Generationsverständigung wird ebenfalls gewünscht. In Obertshausen gibt es viele Hilfsbedürftige, aber auch viele Menschen, die helfen wollen, aber vielleicht nicht wissen wo – eine Börse könnte die Lösung sein. Es gilt die Vielfalt auch nach außen zu präsentieren. Austausch und Vernetzung ist wichtig.
So kann ein Konzept für die Kommunale Integrations- und Vielfaltsstrategie gelingen. Obertshausen gehört zu den sogenannten KIV-Kommunen, die sich an dem Projekt des Hessischen Ministerium für Soziales und Integration beteiligen. In diesem Rahmen sollen bis Ende des Jahres – angestrebt wird bis September – verbindliche Handlungsvereinbarungen zum Zusammenleben sowie strukturelle und strategische Ansätze zur Ausgestaltung in der Stadt entwickelt werden. Dann erfolgt eine Beschlussfassung in der Stadtverordnetenversammlung, bevor das Konzept zeitnah umgesetzt wird. Gefördert wird das Integrationskonzept vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration über 1,5 Jahre, unterstützt durch das Integrationsbüro des Kreis Offenbach.
Konzept lebt von der Umsetzung
Ein Konzept lebt von der Umsetzung, das weiß auch Susanne Francis: „Aber nicht nur von einzelnen Akteuren, sondern von der gesamten Stadtgesellschaft.“ Es gebe in Obertshausen viele homogene Gruppen, die meist aber in sich geschlossen seien. „Es fehlt an übergreifenden Angeboten“, betont die Sozialpädagogin. „Ich habe dabei immer das Bild vom Dorfplatz vor Augen, an dem alle zusammenkommen – das wünsche ich mir in gewissem Sinne auch für Obertshausen.“ Zugezogene hätten es in Obertshausen schwieriger, auch um den Weg in die Vereine zu finden. „Sie sehen nicht, dass sie dazugehören können“, erklärt Susanne Francis. Sie ist sich sicher, dass mit Respekt und Wertschätzung die Umsetzung von der Strategie gelingen kann – mit einem besseren Miteinander, weniger Fremdenhass und ohne Voreingenommenheit.
Auch Bürgermeister Manuel Friedrich ist davon überzeugt. „Ich bin stolz, welches Potenzial in Obertshausen vorhanden ist. Die Zeit des Stadtgesprächs war nicht verschenkt, sondern motivierend. Wir haben hier ein starkes Ehrenamt. Was dort geleistet wird, ist phänomenal“, betont der Rathaus-Chef.
Hausaufgaben in der Verwaltung stehen an: Jetzt müssen all die Ergebnisse aus den Workshops und dem Stadtgespräch zusammenzutragen und verschriftlicht werden.
(Text: PM Stadt Obertshausen)
- Redaktion
- Kontakt
… erschließt sich ihre Welt, indem sie viel Zeit in der Natur verbringt. Bei langen Fahrradtouren und schöne Wanderungen tankt sie Kraft. Lokale Themen sind ihre Welt. Sowohl in den Printprodukten als auch online informiert sie am liebsten über Polizeiberichte, Tiergeschichten und Umweltthemen. Absolute Lieblingsbeschäftigung in der Adventszeit: Plätzchen backen.
Mag: Tiere | Backen | Lokale Geschichten