Weitere Schritte zur Umstellung in den kommenden Monaten
Viel Zeit blieb den Kommunalen Jobcentern nicht, sich auf die Einführung des Bürgergelds vorzubereiten, als das Gesetz Ende November letzten Jahres beschlossen und am 16. Dezember 2022 verkündet wurde – denn erste Änderungen sollten bereits vom 1. Januar 2023 an in Kraft treten. Diese Kurzfristigkeit war die eigentliche Herausforderung, die es in diesem Zusammenhang in allen Abteilungen der Hauptabteilung Arbeit und Soziale Sicherung in Erbach zu meistern galt. Einer Herausforderung, der man mit „vereinten Kräften“ begegnete und die durch eine sehr professionelle und kollegiale Zusammenarbeit aller Beteiligter gemeistert wurde.
Neben des knappen Zeitfensters, in dem die Regelungen umgesetzt werden mussten, erschwerten die Darstellung unvollständiger, bereits überholter oder gar falscher Sachverhalte in den Medien die Arbeit im KJC. Unkorrekte Informationen führten zu falschen Erwartungen an das Antragsverfahren oder an die zu erwartende Höhe der „neuen“ Leistungen. Nicht selten wurde das Bürgergeld von den SGB II-Leistungsbeziehenden mit einem „bedingungslosen Grundeinkommen“ verwechselt, es gab viel (Er-)Klärungsbedarf. Bereits vor Einführung des Bürgergelds im Januar kam es immer wieder zu Nachfragen in persönlichen oder telefonischen Vermittlungsgesprächen, deren Beantwortung teilweise sehr zeitintensiv war.
Deshalb war einer der ersten Schritte, alle leistungsberechtigten Personen im Vorfeld in einem Schreiben über die Höhe der neuen Regelleistungen und über weitere anstehende Änderungen zu informieren, in welchem auch die pünktliche und zuverlässige Zahlung der neuen Leistungen zugesichert wurde.
Damit das Versprechen eingehalten werden konnte, war die Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen gefragt. So erfolgte parallel die Installation notwendiger Updates der Fachanwendung „OPEN/PROSOZ“, um die Neuregelungen im SGB II und SGB XII zu integrieren. Darüber hinaus wurde festgelegt, welche der rund 970 Vordrucke und Formulare allein im KJC zur Antragsbearbeitung in welchem Umfang bis zum 1. Januar 2023 geändert werden mussten. Im Ergebnis bedeutete dies einen sofortigen Änderungsbedarf bei rund 100 Schriftstücken, bei anderen konnten die Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Einige Vordrucke wurden neu erstellt, andere überabeitet oder angepasst und anschließend in die Dokumentenverwaltung von „OPEN/PROSOZ“ eingepflegt. Umfangreich, aber essentiell, waren zudem die Schulungen aller Beschäftigten im Dezember und Anfang Januar. In insgesamt sechs Veranstaltungen wurden Leistungssachbearbeitende, Vermittlungscoachs sowie Mitarbeitende der Widerspruchsstelle, des Bürgerservice und der Servicetheke auf einen einheitlichen Wissensstand gebracht. Um alle Mitarbeitenden auch zukünftig auf dem aktuellen Stand zu halten, wird das digitale Handbuch durch die Grundsatzsachbearbeitung seit Jahresbeginn überarbeitet. Darin sind durch Weisungen, Mitteilungen der Ministerien und Ergebnisse von Arbeitsgruppen erfolgte Änderungen von Rechtsauffassungen zu finden und für alle Beschäftigten zugänglich. Besonders hilfreich ist das Handbuch aktuell für die Teams der Leistungssachbearbeitung, die seit Jahresanfang neben dem „normalen“ Tagesgeschäft sukzessive Änderungsbescheide in allen rund 2.500 Leistungsfällen erstellen.
Doch damit ist die Umstellung auf das Bürgergeld längst nicht erledigt: Zum 1. Juli 2023 treten weitere maßgebliche Änderungen in Kraft. Neben Änderungen bei der Anrechnung von Einkommen, die wiederum für die Leistungssachbearbeitung relevant sein werden, muss sich vor allem der Eingliederungsbereich auf Neuerungen einstellen. So wird die, seit Einführung des SGB II im Jahre 2005 im Gesetz festgeschriebene, Eingliederungsvereinbarung durch einen sogenannten Kooperationsplan ersetzt. Hierfür müssen neue Vordrucke erstellt, in die Dokumentenverwaltung überführt und alle etwa 80 bestehenden Eingliederungsvereinbarungen ersetzt werden.
Der Kooperationsplan wird dabei ein Planungsdokument ohne rechtliche Bindungswirkung sein und soll im Einvernehmen zwischen den Leistungsempfangenden und dem Jobcenter abgeschlossen werden. Gelingt es nicht, sich mit einem Kunden oder einer Kundin auf einen Kooperationsplan zu einigen, soll zukünftig eine Schlichtungsstelle vermitteln. Diese wird voraussichtlich die Ombudsstelle ersetzen. Planungen zur Umstrukturierung sowie zu organisatorischen und inhaltlichen Regelungen für die Zusammenarbeit mit der Schlichtungsstelle laufen bereits.
Damit die Schlichtungsstelle möglichst erst gar nicht zum Einsatz kommt, soll von Beginn an eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen der Kundschaft des KJC und den Vermittlungscoachs aufgebaut werden. Dabei setzt man auf eine noch intensivere Beratung – die Mitarbeitenden werden noch stärker zu Motivatoren und Unterstützern bei der Erreichung der Kundenziele. Hierfür müssen Beratungsgespräche neu strukturiert und Beratungstechniken ausgebaut werden. Externe Schulungen der Vermittlungscoachs, aber auch der Mitarbeitenden des Sozialamts, zum Thema „Beratungsqualität“ sind bereits in Planung. Die rechtlichen Aspekte, beispielsweise zum Umgang mit Übergangsregelungen für bestehende Eingliederungsvereinbarungen, werden in weiteren internen Mitarbeiterschulungen durch die Grundsatzsachbearbeitung vermittelt. Und auch Führungskräfteschulungen zum strategischen Umgang mit den Regelungen zum Bürgergeld finden in naher Zukunft statt.
Es wird also weiterhin Veränderungen geben, die bekanntlich immer Chancen bieten – sowohl für die Beziehenden des Bürgergelds als auch für die Mitarbeitenden der Hauptabteilung II.