Beckenbodenzentrum der Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden präsentierte sich am Welt-Kontinenztag mit Info-Veranstaltung

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Dr. Thiel, Chefarzt der Urologie (Foto: Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden)

Das interdisziplinäre Kontinenz- und Beckenbodenzentrum an der Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden hatte sich aktiv an der diesjährigen Welt-Kontinenzwoche beteiligt. Das Team um die Chefärzte der Urologie (Dr. Thiel), Gynäkologie (Dr. Wolf) und Chirurgie (Prof. Dr. Hoffmann) hat die oft mit Scham behafteten Themen rund um Urin- und Stuhlinkontinenz in Übersichtsvorträgen im Rahmen einer Patientenveranstaltung in der Paulinenklinik vorgestellt.

Inkontinenz bedeutet, dass Urin oder Stuhl nicht gehalten werden können, sondern unwillkürlich abgehen, was oft zu hygienischen, gesundheitlichen und sozialen Problemen führt. Sowohl Harn- als auch Stuhlinkontinenz sind im Alter sehr häufige Erkrankungen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität führen. Gerade in Alten- und Pflegeheimen sind die Inzidenzen sehr hoch, oft sind mehr als 50% der Bewohner betroffen. Frauen sind aus anatomischen Gründen sehr viel häufiger von einer Inkontinenz betroffen als Männer. Doch auch im Kindesalter zeigt sich diese Störung meist als Bettnässen, was aber heute sehr gut und nebenwirkungsfrei behandelbar ist.

Im ersten Teil des Vortrages stellte Dr. Thiel, Chefarzt der Urologie, die Ursachen der Harninkontinenz vor und gab einen Überblick über Untersuchungsmethoden und konservative Behandlungsmethoden. Wichtig sei, sich auch ärztlichen Rat zunächst beim Hausarzt, dann auch beim Urologen oder Gynäkologen einzuholen. Der Fachmann sucht dann nach der Ursache der Inkontinenz und leitet eine entsprechende Therapie ein. Oft helfen schon einfache Methoden wie Beckenbodengymnastik, Blasentraining, blasenberuhigende Medikamente oder Prostatamittel. In Sonderfällen können Arzneimittel mit Spezialgeräten auch direkt in die Blase eingebracht werden um Nebenwirkungen zu vermeiden. Im Fall einer hochgradigen Reizblase hat sich seit einigen Jahren die Injektion von Botox in den Blasenmuskel bewährt. Das bringt für viele Patienten eine deutliche Besserung für etwa 6-12 Monate. In schwierigen Fällen stehen dem Team weitere Methoden zur Verfügung, wobei Patienten in solchen Fällen in einer interdisziplinären Spezialsprechstunde behandelt werden. Falls diese konservativen Techniken nicht ausreichen, kommen auch operative Verfahren in Frage. Das gesamte Spektrum von minimal-invasiven bis hin zu großen Operationen wie beispielsweise eine komplette Neubildung der Blase aus Dünndarm wird hier vorgehalten.

Dr. Wolf, Chefarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe (Foto: Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden)

Dr. Wolf, seit 11 Monaten neuer Chefarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Paulinenklinik und ebenfalls Spezialist für den Beckenboden, stellte die modernen operativen Maßnahmen bei Urininkontinenz dar. Diese finden heutzutage fast ausschließlich minimal invasiv, also beispielsweise durch eine Laparoskopie statt. Große Bauchschnitte sind heute kaum noch erforderlich. Deutlich weniger häufig als früher, aber in Sonderfällen gut geeignet, ist die Verwendung von Kunststoffbändern und Netzen im Rahmen von entsprechenden Eingriffen. Eine Entfernung der Gebärmutter wird heute nicht mehr routinemäßig durchgeführt. Vielfach müssen Frauen operiert werden, weil sich die Blase, Gebärmutter oder der Enddarm gesenkt haben und dadurch Schmerzen, ein starkes Druckgefühl, häufiges Wasserlassen oder eine Inkontinenz auftreten. Auch in diesen Fällen steht vor jeder Operation die gründliche Untersuchung und evtl. ein konservativer Therapieversuch. Oberstes Ziel jeden Eingriffes ist, den Zustand für die Patientin zu verbessern und Komplikationen zu vermeiden.

Prof. Dr. Hoffmann, Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie (Foto: Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden)

Im letzten Block der Vortragsreihe berichtete der Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie, Prof. Dr. Hoffmann über die Stuhlinkontinenz. Auch hier gibt es eine deutliche Dunkelziffer und nicht alle Patienten suchen einen entsprechenden Spezialisten auf. Ursachen dieses sehr unangenehmen Zustandes sind oft Erkrankungen das Enddarmes wie Hämorrhoiden, Entzündungen, aber auch Tumore oder Folgen von Operationen oder Bestrahlungen im Bauchbereich. Auch die in zivilisierten Ländern übliche Toilettenform ist für eine geordnete und anatomiegerechte Darmentleerung eher ungeeignet, da der Mensch entwicklungsgeschichtlich eher auf die Hockstellung eingerichtet ist. Die Verwendung eines Fußhockers vor der Toilette kann hier Abhilfe schaffen. Wie bei der Harninkontinenz, ist auch bei der Stuhlinkontinenz eine genaue Diagnostik evtl. mit MRT zielführend und zeigt dem Spezialisten, welche Therapieformen in Frage kommen. Häufig sind Operationen erforderlich um die Beckenbodenanatomie oder die Schließmuskelfunktion wieder herzustellen. Sowohl in der Blase als auch im Darm kommen heute auch Schrittmacher zum Einsatz wenn die Störung im Bereich der entsprechenden Nerven oder des Rückenmarks liegen sollte.

Zukünftig werden an der Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden zentrale Strukturen etabliert, welche den Patienten lange Wege und Wartezeiten ersparen und die Möglichkeit bieten, in interdisziplinären Zentren fachübergreifende Beratung und Betreuung zu ermöglichen. Komplexe oder schwere Krankheitsbilder werden im Team von mehreren Ärzten verschiedener Disziplinen betreut und es wird ein gemeinsames Behandlungskonzept festgelegt. Alle drei Referenten betonen, dass gerade diese Zusammenarbeit zum Wohle der Patienten einen wesentlichen Vorteil des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums an der Paulinen Klinik darstellt. Nötigenfalls werden auch weitere Fachdisziplinen, wie beispielsweise die Gastroenterologen der Klinik zu Rate gezogen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit beschränkt sich dabei nicht nur auf die gemeinsame Behandlungsmethodik. Da die Verhältnisse im Beckenboden oft hochkomplex sind, stellen gemeinsame Operationen keine Seltenheit dar, um das optimale Behandlungsergebnis zu erzielen.

(Text: PM Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden)