Stadt würdigte den 8. Mai mit der Vorstellung des Gedenkbuchs „Widerstand in Rödermark 1933 bis 1945“ und der Eröffnung einer Ausstellung im Bücherturm
Am 8. Mai jährte sich die Befreiung Deutschlands von der nationalsozialistischen Diktatur zum 77. Mal. Die Stadt hat diesen besonderen Tag zum Anlass genommen, im Bücherturm das Gedenkbuch „Widerstand in Rödermark 1933 – 1945“ vorzustellen. Herausgeber sind Klaus-Joachim Rink und der Magistrat der Stadt Rödermark. Zudem wurde die Ausstellung „Nichts war vergeblich“ des „Studienkreises Deutscher Widerstand 1933 -1945“ eröffnet. Sie würdigt den Widerstand von Frauen gegen den NS-Staat und ist noch bis zum 22. Mai im Vereinsraum der Stadtbücherei zu sehen.
Mit Unterstützung der Stadt hat Klaus-Joachim Rink, Enkel des von den Nazis verfolgten Urberacher SPD-Landtagsabgeordneten Aloys Georg Rink, ein Buchprojekt auf den Weg gebracht, das den Widerstand gegen die Terrorherrschaft der Nationalsozialisten in Ober-Roden und Urberach darstellt. Unter dem vollständigen Titel „Verfolgung und Repression während der NS-Gewaltherrschaft in Ober-Roden und Urberach. Widerstand in Rödermark 1933 bis 1945“ versammelt es Beiträge von Rink und anderen Autorinnen und Autoren.
Bürgermeister Jörg Rotter betonte in seiner Begrüßungsansprache zunächst die Bedeutung des Tages mit einem Zitat aus der wegweisenden Rede des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 vor dem Deutschen Bundestag: „Der 8. Mai 1945 war der Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Niemand wird um dieser Befreiung willen vergessen, welche schweren Leiden für viele Menschen mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten. Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte. Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.“
Unermüdliche, kenntnisreiche, zeitaufwändige und verdienstvolle Arbeit
In Rödermark ist die Geschichte der nationalsozialistischen Herrschaft in den Altorten Ober-Roden und Urberach schon 1998 dargestellt worden, und zwar von Prof. Dr. Egon Schallmayer und Dr. Jörg Leuschner. Ihr Buch „Ober-Roden und Urberach im Dritten Reich“, das sie im Auftrag des Magistrats erarbeiteten, gelte als beispielgebend für die Aufarbeitung lokaler NS-Geschichte, so Rotter. Klaus-Joachim Rink sei es nun zu verdanken, dass auf dieser soliden Grundlage der Widerstand von rund 100 Ober-Röder und Urberacher Frauen und Männern gegen die Terrorherrschaft der Nationalsozialisten detailliert dokumentiert werde. Dafür habe Rink etliche Jahre recherchiert, Interviews geführt und Quellen neu erschlossen. „Für seine unermüdliche, kenntnisreiche, zeitaufwändige und verdienstvolle Arbeit möchte ich Klaus-Joachim Rink im Namen des Magistrats meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Dieser Dank umfasst auch die Beiträge seiner Mitautoren“, sagte der Bürgermeister.
Rink erläuterte anschließend sein Werk im bis auf den letzten Platz gefüllten Vereinsraum der Stadtbücherei. Es stellt rund 100 Menschen mit Bild und Kurzbeschreibung vor, die Widerstand geleistet haben. Hierbei handelt es sich um rund 80 im Schallmayer-Leuschner-Buch namentlich erwähnte ehemalige Mitbürger sowie um rund 20 weitere Personen, deren Schicksale aus neu aufgetauchten Prozessakten rekonstruiert werden konnten. Hinzu kommen Opfer der Nazis, von denen in der Öffentlichkeit bislang nichts bekannt war. Zu ihnen gehören beispielsweise fünf Menschen aus Rödermark, die im Rahmen des Programms der Nazis zur Vernichtung „lebensunwerten Lebens“, der so genannten „Euthanasie“, ermordet wurden. In diesem Zusammenhang forderte Rink, „weitere Stolpersteinverlegungen in Erwägung“ zu ziehen.
Umfassende Informationen zum KZ Osthofen bei Worms
Neben den Rödermärker Kapiteln enthält der Band umfassende Informationen zum KZ Osthofen bei Worms, wo, so Rink, auch „gestandene und angesehene Männer aus unseren Gemeinden“ kurz nach der Machtergreifung der Nazis für vier bis sechs Wochen interniert wurden. Verfasst wurde dieses Kapitel von Angelika Arenz-Morch, der Leiterin der dortigen Gedenkstätte. Ein weiterer Abschnitt widmet sich dem Arbeitslager Rollwald an der Gemarkungsgrenze von Ober-Roden. Andreas Winterhalder hat in Absprache mit Dr. Heidi Fogel einen Auszug aus deren Buch „Das Lager Rollwald – Strafvollzug und Zwangsarbeit 1938 bis 1945“ verfasst. Einen Überblick über den Widerstand gegen das NS-Regime in der Rhein-Main-Region gibt Wolfgang Reuter, der ehemalige Oberbürgermeister von Offenbach. Eine umfangreiche Auswahlbiographie ergänzt das 260 Seiten starke Werk. Es kann im Fachbereich Kultur, Heimat und Europa der Stadtverwaltung bei Hannelore Jäger in der Kulturhalle für 19,90 Euro erworben werden.
Anhand von 18 Biographien wird mit der Ausstellung „Nichts war vergeblich“ der Mut von Frauen gezeigt, die dem Nationalsozialismus die Gefolgschaft verweigerten. Sie verfassten und verteilten Flugblätter, sie boten Verfolgten Unterschlupf, sie klärten im Ausland über das Unrecht in Deutschland auf. Immer folg-en sie ihrem Gewissen – und setzten damit ihr Leben aufs Spiel. Unter den Portraits finden sich auch einige von Frauen aus der Rhein-Main-Region. Zu nennen sind hier Lore Wolf, Gertrud Liebig (beide aus Frankfurt), Elisabeth Schmitz (Hanau) und Gretel Maraldo (Offenbach), Tochter des in Ober-Roden geborenen SPD-Reichstagsabgeordneten und Gewerkschaftssekretärs Wilhelm Weber, die im Widerstandsbuch von Klaus-Georg Rink ebenfalls erwähnt wird. Auf ihr Schicksal ging Gabriele Prein vom „Studienkreis Deutscher Widerstand“ mit Sitz in Frankfurt besonders ein.
(Text: PM Stadt Rödermark)
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